Abschlussgottesdienst und ein leeres Osnabrück

Wir deponieren unsere Rucksäcke in Schließfächern im Bahnhof und fahren mit dem Bus hinaus zum Abschlussgottesdienst im Stadion von Osnabrück. Schon von weitem klingt uns Singen entgegen. Von den kurzen Regenschauern lassen sich die schon eingetroffenen Teilnehmern nicht abhalten.

Rainer finde ich unter den Bläsern ganz vorne in der ersten Reihe. Geschlagene fünf Stunden hatten Bläser, Chor und Band gestern geprobt. Wir unterhalten uns kurz, dann geht das Einspielen weiter. Claudia war leider daheim geblieben.

Nach dem Gottesdienst ist Osnabrück wie leergefegt. Die Zelte vom Bistumsmarkt werden abgebaut. Die meisten Teilnehmer stecken schon in den Zügen Richtung Heimat oder im Rückfahrtstau auf der Autobahn. Es nieselt leise vor sich hin. Wir besuchen den Osnabrücker Friedenssaal und gehen ins Museum und nehmen uns Zeit für die Ausstellung. Nach einem riesigen Stück Torte heißt es auch für uns Abschied nehmen.

Wise Guys

Bibelimpuls

– so richtig wach wurde ich erst, als einer nach vorne ging, sich das Mikro nahm und gegen Bischöfe und Homosexuelle anfing zu schimpfen.
Die Frau vorne nahm ihm das Mikro weg.

Eine Veranstaltung zum Thema Pilgern.

Mit dabei Felix Bernhard, der mit Rollstuhl schon dreimal den Jakobsweg gegangen ist. Er spricht explizit von "gehen". Dabei ist er neunzig Prozent unterwegs, weniger in Kirchen. Dann ein Professor aus Erfurt, der Pilger nach Altötting führt. Ein Mitarbeiter der TUI, der berichtet, das Leute dafür bezahlen, verzichten zu können. Und eine Pilgerin.

Was von der Pilgererfahrung erzählt wurde:
Nach ein paar Tagen wird man müde, dann folgt die Leere, dann gewöhnt man sich.
Kein Handy, kein Internet, Schritt für Schritt vorwärts, im Hier und im Jetzt.
Pilgern ist eine Grenzerfahrung. Im Unterschied zu Buswallfahrten mit anschließendem Wirtshausbesuch. Das Herz muß mitgehen.
Sich nicht zulabern lassen, sondern sich bewußt öffnen – einander beim Pilgern helfen, freiwillig

1532 stand übrigens das Pilgern nach Einführung des lutherischen Bekenntnisses in Norwegen unter Todesstrafe.

Die Musik kam von Grupo Sal.

China

Laut der Gesellschaft für bedrohte Völker ist heute der Gebetstag für die katholische Kirche in China.
Die Kirche in China, so wird erzählt, wird genutzt, weil sie ein beruhigendes Gefühl auf die Leute ausübt. Kinderheime, Altenheime dürfen gebaut werden. Es gibt Bischöfe, die von Staat und Rom anerkannt sind.
Ich fühle mich unwohl in dieser Veranstaltung. Es mag schon wahr sein, was erzählt wird, aber ich fühle mich von der Art und Weise indoktriniert. Sektenhaft.

Ökumenischer Frauengottesdienst

Dieser Gottesdienst ist immer ein Highlight des Katholikentages. Bis auf den letzten Platz besetzt. Und ernsthaft und fröhlich zugleich.

Zum Schluß wurden Rosen verteilt. Und die ganze Schar sang "Es soll rote Rosen regnen". Einfach weil’s so schön war.

Wise Guys

Und so richtig gut waren auch die Wise Guys.

Vom Hindukush nach Osnabrück

Jüdisch-Christlicher Morgenimpuls

Aufgrund der lateinischen Karfreitagsbitte war es im Vorfeld des Katholikentages zu einem mittleren Eklat gekommen. Namhafte jüdische Teilnehmer hatten abgesagt, um ihren Protest kund zu tun. So war statt des Rabbiners Brandt der Landesrabbiner von Mecklenburg-Vorpommern auf dem Podium des Morgenimpulses. Den die Karfreitagsbitte anscheinend ziemlich kalt ließ.
Besprochen wurde im Morgenimpuls Jesus in der Synagoge.
Der Rabbiner erzählte, das die Messiaserwartung im heutigen Judentum kein Thema sei. In seiner langjährigen Praxis hat er vielleicht einmal vor vielen Jahren darüber gepredigt.

Afghanistan

Im Kongresszentrum widmete ich mich heute einem politisch-militärischen Thema – einer Podiumsdiskussion unter dem Titel"Was verteidigen wir am Hindukush".

Meinen Notizen enthalten viele Fragen und Diskussionsansätze.

Heute, 2008, sind ca. 8000 deutsche Soldaten im Afghanistan stationiert. 70% der afghanischen Bevölkerung befürworten ausländische Unterstützung.
Aber wie kommt man – trotz all dieser Soldaten – an die, die lieber Bomben legen. Die ersten Opfer sind schließlich immer die Afghanen selber.

Die Frage besteht weiter, was dort genau verteidigt wird. Öl? Wirtschaft? Stabilität? Unsere Art zu leben? Unser Überleben? Menschenrechte?

Wird dort verteidigt? Interventioniert? Warum wird die Situation derzeit permanent instabiler? Sind wir auf dem richtigen Weg? Wer verursacht die Instabilität früher und heute?
Was heißt Militarisierung? Blauhelme? Muss Militär immer schlecht sein? Was, wenn es abgezogen würde?

Misereor leistet in Afghanistan Entwicklungshilfe. Die Organisation stützt sich dabei in der Hauptsache auf einheimische Kräfte. Sie wünschen sich mehr Entwicklungshelfer, nicht mehr Militär.
Aus Sicht ihrer Entwicklungshilfe sind sie ratlos und verstehen nicht, warum die Situation so sehr aus den Fugen gerät.

Wer agiert dort? Ist die EU nur Gehilfe der USA? Was sind ihre Eigeninteressen? Wird sie diese auch gegen die USA durchsetzen? Es ist offensichtlich, das die USA in Afghanistan Protektorate errichtet. Unterstützt dies Deutschland? Aus Bündnistreue? Welche Einzelinteressen werden hier versucht durchzusetzen? Gibt es kollektive Sicherheitsinteressen und wie relevant sind diese heute noch? Übernehmen wir Mitverantwortung? Kreisen wir zunehmend ums Militärische und vergessen, was sonst passiert?
Aber: Militär ist in Afghanistan wichtig für ein sicheres stabiles Umfeld
.

Die Feststellung "Man macht sich immer schuldig. Wenn man nichts tut oder auch wenn man eingreift" ist wohl richtig, hilft aber nicht bei der Entscheidung.

Der UNO-Sicherheitsbegriff umfasst die Freiheit von Angst, die Abwesenheit von Not – eine menschliche Sicherheit.
Die UNO-Charta ist Basis, entstanden aus Jahrunderten von Kriegen in Europa, vor allem aus den Erfahrungen des neuzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts.
Die Schwäche der UNO ist gewollt und manifestiert sich auch in ihren Strukturen – Generalsekretär und Vollversammlung).
Ziel ist die Durchsetzung der Interessen von Staaten auf dem Rechtsweg anstatt durch Gewalt.

Friedensstadt Osnabrück

Ich nahm mir etwas Zeit und bummelte durch die Stadt. Osnabrück war eine der beiden Städte (die zweite ist Münster), in denen der dreißigjährige Krieg 1648 mit einem Friedensschluß zwischen Protestanten und Katholiken und zwischen vielen Staaten geschlossen wurde.

Auffällig fand ich dieses gestreifte Haus

Einen Besuch wert ist auch der romanische Dom

Eine Veranstaltung zum Thema Stille

Das Publikum wurde gebeten, nicht zu klatschen, nicht während der Veranstaltung und auch nicht hinterher.

Auf dem Podium sass z.B. einen Frau, die seit 15 Jahren als Eremitin lebt. Außerdem ein Kapuziner aus Frankfurt, eine Frau, die regelmäßig zu Schweigeexerzitien ins Kloster geht. Ein Architekt, der eine Kirche baut.

Es wurden immer wieder Szenen aus "Die Große Stille" gezeigt. Der Redakteur hatte erst nach vielen Versuchen Zustimmung dazu gegeben, Szenen aus dem Film zum Podium zu zeigen.

  • Stille ist der Resonanzraum
  • Stille gehört zur Weisheit
  • Stille ist illusionsfeindlich
  • In der Stille kann man seine Quellen suchen
  • Stille kann Todesangst auslösen
  • Stille ist manchmal schwer erträglich.
  • Stille ist ein Weg durch die Wüste zu einer Oase
  • In der Stille muß man auf die eigenen Stützpfeiler verzichten
  • Ora et Labora – an einer Sache konzentriert arbeiten
  • Hinterm Klostertor den beruflichen Alltag zurücklassen
  • Stille durch den Rhythmus der täglichen Abläufe
  • Anders die Stille des Meeres
  • Plötzlich hat man nichts zu tun
  • Was wir verstehen beruhigt erst einmal.
  • Stille in der Architektur ist Einfachheit
  • Anbetung ist nicht unbedingt Stille
  • Die Stille ist für Architekten das Schwierigste
  • Wie verändert sich Zeit in der Stille?
  • In die Stille hineinkommen kann Routine werden
  • Einheit gemeinsamen Schweigens
  • Konturen werden unscharf
  • Sogkraft nach Innen
  • Glockenläuten strahlt Stille aus
  • Stille ist ein lebenslanger Prozess.
  • Gedicht von Rilke zur Stille

Jazz

Abends hörten wir gemeinsam eine konzertant aufgeführte Chormesse von Duke Ellington.
Das kleine Mädchen im Nebensitz schlief tief und fest, trotz der Geräuschkulisse.

Fronleichnam

Wenn man in einer Schule übernachtet, ist häufig das größte Problem, noch einen Platz unter der Dusche zu finden. Daher stand ich schon fünf Minuten vor dem Wecken um sechs auf. Platz unter der Dusche war noch, aber es waren auch schon eine ganze Reihen anderer Frauen dort.

Susanna und Barbara ließen sich ein bisschen mehr Zeit, aber wir waren problemlos schon um viertel vor acht im Bus Richtung Innenstadt. Eigentlich viel zu früh. Aber so bekamen wir noch einen Platz auf dem weiß abgedeckten Teil des Rasens vor der Schloßbühne. Ohne im taunassen Gras zu sitzen.

Der Chor sang sich ein und das übrige Publikum beteiligte sich begeistern am recken, strecken und die Tonleiter rauf und runter rutschen. Um uns herum füllte es sich, Grüppchen sassen auf dem Boden, redeten, suchten im Rucksack nach essbarem und tauschten sich aus. Susanne kramte ihr neuestes Spiel hervor: Buchstaben mussten Wörter zugeordnet werden. Dann fing das offizielle Einsingen an. Die neuesten Lieder wurden vorgestellt und mit einem ziemlichen Tempo durch gesungen. Nach ein paar Wiederholungen hatten wir es raus.

Ketzerisch überlegten wir, wie wir die Stunde Gottesdienst sprengen könnten. Da der Gottesdienst im Fernsehen übertragen wird, ist er normalerweise pünktlich fertig. Ich kann mich noch an München und Berlin erinnern, als das Publikum einfach weitergesungen und den Zelebranten vorne "im Stich" gelassen hat. Da wurde dann kräftig überzogen. Aber heute sind die Leute da anscheinend zu brav für.

Nach einem Katholikentagsteller (fünf Euro, Schweinegeschnetzeltes und ein Getränk) gingen wir gemeinsam zur Dominikanerkirche hinter dem Dom zu einem Podium mit dem zweideutigen Titel "Macht Beten Sinn". Die Kirche wirkt protestantisch schlicht, hat aber Kniebänke. Das Podium wurde eröffnet und begleitet von einem Klavierspieler und einer Saxophonistin, die das Lied "Ich steh vor Dir mit leerem Händen her" mit erstaunlich raumfüllendem Klang improvisierten.

Hier nur kurz meine stichwortartigen Notizen, über die ich noch weiter nachdenken werde

  • Für Luther war beten Herzschlag und Puls des Christen.
  • Das biblische Gebet kennt keine Tabus – schreien, fluchen, freuen, weinen, jubeln, alle dies kommt zur Sprache.
  • Beten ist Ausdruck einer personalen Beziehung zu Gott
  • Beten ist nicht Meditation
  • Gibt es ein Gebet ohne Dialog?
  • Sprache möchte ein Du, Klage benötigt ein Du
  • Beten heißt nicht gedankenlos plappern
  • Beten kann Überforderung sein.
  • Beten braucht Übung, regelmässig und beharrlich. Und Selbstorganisation
  • Innigkeit im Gebet ist ein Geschenk
  • Die Gebetssprache ähnelt der Sprache der Poesie
  • Beten kann anschreien gegen Erstarrung bedeuten, aber auch, nicht reden, nicht fühlen können bei schweren Erlebnissen
  • Beten heißt, das Bewusstsein der Würde zurückerobern
  • Beten heißt: Gott umarmt uns durch die Wirklichkeit
  • Beten heißt zutiefst fühlen lernen, heißt Exodus aus falscher Sicherheit, das Eis der Seele spalten
  • Beten ist fruchtbar
  • Auch Atheisten beten (?!)
  • Aber: Geht Gebet auch ohne Gott?
  • Gebet sensibilisiert, aktiviert, reflektiert den Alltag und bringt ihn vor Gott
  • Aber was nützt es? Man fragt auch nicht "Was nützt Liebe"?
  • "Wie sähe die Welt aus, wenn nicht gebetet würde" fragte Heinrich Böll
  • Gebet heißt fallenlassen
  • Menschen, die beten, leben anders , das sagen auch diverse Gesundheitsstatistiken
  • Agression im Gebet heißt mit ganzer Kraft aufbegehren
  • Beten heißt nicht frommes und positives Denken, Beten lullt nicht ein.

Das Podium, insbesondere die Vortragen waren wirklich interessant, aber mein persönlicher Feind jeder Podiumsveranstaltung – die Schwere meiner Augenlider – machte mir arg zu schaffen.

Osnabrück ist keine große Stadt. Und die Veranstaltungsorte sind keine großen Messehallen. Aber selbst Messehallen können überfüllt sein.
Kurz gesagt: An diesem Nachmittag war alles, was sich mir ansehen wollte, überfüllt. Und so wanderte ich einfach so durch die Stadt, besuchte nochmal den Dom, in dem gerade um den Altar getanzt wurde

und Sankt Johan

Katholikentag in Osnabrück

Angekommen in Osnabrück machten Susanna, Barbara und ich uns zuerst auf Richtung Elisabeth-Siegel-Schule. Die Grundschule, genauer der Raum der Klasse 4b sollte für die nächsten Tage unser Schlafquartier sein. Nachdem wir unsere Matten und Schlafsäcke ausgebreitet hatten, fuhren wir zurück in die Stadt. Es war nicht weit, man hätte fast auch laufen können.

Es war eh schon zu spät für die Eröffnungsveranstaltung, so gaben wir zuerst Michaelas Dauerkarte wieder in der Teilnehmerzentrale ab, da Michaela arbeiten musste, statt mitzukommen.

Wir wanderten weiter, an der Kirche St. Johann (Eine-Welt-Zentrum) vorbei. Dort wurde noch kräftig gewerkelt und die letzten Zelte fertiggestellt.

St. Katharinen ist eine lichtdurchflutete protestantische Kirche mit helle großen Fenstern auf beiden Seiten. Das Innere ist eher schlicht, Farbe kommt in die Kirche durch die Fenster über Orgelbühne und Altar und durch die grünen Bänke.

Richtung Schloßplatz, stand ein Kirchenmodell, dass demnächst irgendwo (natürlich dann mit Mauern und Dach) real zur Kirche werden wird.

Auf der Bühne am Dom tanzte gerade eine Gruppe kleiner Mädchen einen Volkstanz in schwarzen Trachten. So eine triste Tracht, viel zu dunkel für die fröhlichen Kinder.

Der Dom dagegen hat wirklich eine Atmosphäre. Romanisch, aber keineswegs dunkel. Warm mit einem hellen Kreuzgang. Schlicht dekoriert, so dass man sich auf das wesentliche konzentrieren kann.

Bei St. Marien blieben wir schließlich hängen. In der Seitenkapelle sang sich ein Chor ein, den wir später auch auf der Bühne vor der Kirche noch hören konnten. Die Leute gingen ein und aus und hielten kurz vor dem Altar inne. Besinnlich und gespannt auf die kommenden Tage.

Vor der Kirche war eine der Bühnen des Eröffnungsabends aufgebaut. Barbara und Susanna probierten Kartoffelbrot und wir hörten den Sängern auf der Bühne zu, die Gospel, neues geistliches Lied und alte Lieder sangen. Schon bald war das Ende des Abends nahe. Kerzen wurden verteilt und angezündet

und dann ein besonderes Lied gesungen: Ein Lied, das auch 1648 – also vor 360 Jahren an dieser Stelle von der Rathaustreppe schräg gegenüber von St. Marien gesungen wurde. 1648 – als von der Rathaustreppe der westfälische Friede verkündet wurde.

Ein Bogen über die Jahrhunderte, hinein in die Friedensstadt Osnabrück heute.