Um halb sechs klingelte der Wecker. Höchst ungern stand ich auf, denn heute mußte ich England verlassen. Aber es half nichts, den Zug durften wir nicht verpassen. Der arme John mußte uns zum Bahnhof bringen, weil so früh noch kein Bus fuhr. Er schaute reichlich müde aus der Wäsche. Und Cathy war auch nicht gerade taufrisch, aber sie konnte ja anschließend wieder ins Bett.
Um sieben waren wir also in Reading am Bahnhof und der Zug nach Paddington fuhr auch sofort. Von dort ging es mit der Tube nach Victoria, wo um neun unser Zug nach Dover starten sollte. Da noch etwas Zeit war, wühlten wir uns noch einmal durch ein Buchgeschäft.
Die Fahrt nach Dover verging ohne besondere Ereignisse, genauso die Einschiffung. Auf der Fähre „Princess Marie Christine“ fanden wir einen guten bequemen Platz. Raus sind wir nicht gegangen, die Sicht betrug kaum zweihundert Meter, aber das Meer war ansonsten ruhig.
In Oostende mußten wir wegen eines technischen Defektes das Schiff über das Autodeck verlassen. War es deswegen – oder vielleicht ist es auch nicht mehr üblich? – eine Zollkontrolle haben wir überhaupt nicht gesehen.
In Oostende hatten wir zwei Stunden Aufenthalt mit knurrendem Magen, denn die Leute dort konnten keinen Fünfzigmarkschein wechsel und unsere Pfundnoten wollten wir nicht mehr anbrechen. Zum Glück gab es im Zug einen Trolleyservice!
Das Abteil hatten wir bis Liege für uns alleine und haben es uns gemütlich gemacht und uns ausgebreitet. Von Liege an waren zwei nicht sonderlich gesprächige Spanierinnen mit im Abteil.
In Köln rief ich erstmal zu Hause an und so langsam wurde ich auch ungeduldig wieder nach Hause zu kommen. Um zwanzig Minuten nach Mitternacht waren wir am Bahnhof in Hamm. Um halb zwei war ich im Bett.
Kategorie: 1988 – Per Interrail durch England
Meine Reise per Interrail durch England 1988 von London über Schottland und Henley-on-Thames bis nach Cornwall.
Meine erste wirklich lange Reise und der Infektionszeitpunkt für mein Reisefieber.
Morgens in Cornwall und dann wieder nach Reading
An diesem Tag brauchten wir weder sonderlich früh noch sonderlich spät aufstehen. Wohlgemerkt im Vergleich zu den anderen Tagen unserer Reise, denn ein Urlaub zum ausschlafen war dies wirklich nicht.
Wir frühstückten in der Herberge und gingen dann nochmal durch den Burghof. Dabei entdeckten wir auch die zweite Burg, die am Abend nicht zu sehen gewesen war. Es war herrlich ruhig und im Gegensatz zum Tag davor schon richtig warm. An solchen Tagen ist es ärgerlich, wenn man lange Strecken mit dem Zug fahren muß, aber was blieb uns anderes übrig, denn Abends wollten wir in Reading zurück sein.
Zuerst aber hatten wir noch anderthalb Stunden Zeit, bis der Zug fuhr und so spazierten wir in aller Ruhe die Küste entlang und ließen uns von der Sonne bescheinen. Als wir meinten, daß es langsam Zeit wurde, steuerten wir Richtung Stadt, ungefähr in Richtung Bahnhof, denn eine Karte hatten wir nicht. Wir waren nicht wenig überrascht, festzustellen, daß wir zwei Stationen abgekürzt hatten, als wir das erste Schild Richtung Bahnhof sahen.
Nach einmal umsteigen in Truro fuhr der Zug direkt bis Reading durch. Dort angekommen mußten wir feststellen, daß Sonntags kein Zug nach Wargrave fährt und der Bus noch zwei Stunden auf sich warten ließ. Also riefen wir Cathrine an, in der Hoffnung, daß jemand zuhause sei (Die beiden hatten die Nacht zuvor Urlaubsbekanntschaften besucht). Wir hatten Glück und nach zwanzig Minuten wurden wir aufgegabelt und zum nächsten Beefeater (ein Steakhouse) kutschiert.
Unsere Unterhaltung dort war recht angeregt. Mit einigem Entsetzen mußte ich feststellen, daß keiner von den beiden wußte, das Deutschland, einen Bundespräsidenten hat.
Warum mich das damals so entsetzt hat verstehe ich heute nicht mehr. Die Unterhaltung war aber wirklich interessant und hatte, soweit ich mich erinnere, das Thema „Charisma“. In diesem Rahmen hatte ich dann den damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker ins Gespräch gebracht.
Zurück im Bungalow packten wir unsere Sachen (erstaunlicherweise passte alles noch in den Rucksack, sogar noch etwas mehhr) und gingen dann recht früh schlafen, denn am nächsten Tag hieß es heimfahren und noch einmal früh aufstehen.
Von Bath nach Falmouth auf eine Burg Heinrich VIII
So früh wie an diesem Morgen sind wir während unserer ganzen Reise nicht aufgestanden. Wir wollten den Zug um viertel nach sieben nach Falmouth in Cornwall erreichen und da noch kein Bus fuhr mußten wir laufen (zum Glück bergab).
Aber zuerst hieß es schnell die Sachen zusammensuchen um die anderen nicht zu wecken (wobei prompt jede etwas vergessen hatte) und sich in eisiger Kälte im Bad umziehen.
Dann taperten wir im Dunklen den Weg von der Jugendherberge hinunter und weiter zum Bahnhof. Dort mußten wir feststellen, daß wir eine dreiviertel Stunde zu früh aufgestanden waren: Es war Samstag!
Also hieß es warten und das in klirrender Kälte. Zum Glück war das Restaurant schon offen und wir füllten erstmal unserer hungrigen Mägen.
Dann ging’s los, grob gesagt Richtung Falmouth, Conrwall. Zuerst machten wir Zwischenstopp in Liskaerd. Dort sollte es prähistorische Monumente geben. Leider konnten wir keine finden, also nahmen wir den nächsten Zug und fuhren weiter bis Truro, wo wir umsteigen mußten. Von Truro soll eine Fähre nach Falmouth gehen. Also machten wir uns auf die Suche. Leider waren wir an diesem Tag vom Unglück verfolgt und fanden auch hier nicht, was wir suchten. Also aßen wir zu Mittag und machten uns auf den Rückweg zum Bahnhof (ganz schön steil bergauf. Gut, daß wir unsere Rücksäcke nicht dabei hatten.) Von dort ging es dann ohne weitere Experimente direkt nach Falmouth.
Die Jugendherberge in Falmouth liegt auf dem Gelände einer Burg, die von Heinrich VIII errichtet worden ist (der mit den vielen Frauen). Deswegen hatten wir uns auch diesen Ort für unsere letzte Nacht in einer Jugendherberge ausgesucht (Ansonsten gibt es, abgesehen von einer zweiten Burg auf der anderen Seite der Bucht nicht sonderlich viel sehenswertes).
Da es schon ziemlich spät war, machten wir uns ohne große Umwege auf den Weg hinauf zu Burg. Das war auch gut so, denn nach halb sieben kommt man dort nicht mehr auf’s Gelände. Wir buchten unser Bett, brachten unsere Sachen aufs Zimmer und machten uns dann auf, die Burg zu besichtigen. Da wir einmal drin waren und in der JH übernachteten, konnte uns ja keiner aus dem Burghof schicken). Also hatten wir das einmalige Erlebnis einer Touristenattratkoion ohne Touristen. Und das haben wir wirklich genossen. Wir machten einen ausgiebigen Spaziergang rund um die Burgmauern und genossen den Ausblick auf den Ärmelkanal. Und der ist echt super. Außerdem bekamen wir einen wunderschönen Sonnenuntergang „frei Burg“ geliefert.
Abends schauten wir noch etwas Olympia und den Anfang eines Agatha-Christie-Krimes bis uns die Müdigkeit übermannte.
Bath
Da wir nicht wussten, wann der Zug nach Bath losfuhr, beschlossen wir, uns Zeit zu lassen, erstmal in aller Ruhe zu Frühstücken und dann zum Bahnhof zu spazieren.
Wir hatten sogar das Glück, daß innerhalb von zehn Minuten nach unserer Ankunft der Zug losfuhr.
Auf der Plattform angekommen hörten wir ein lautes Krachen: eine Scheibe des Daches war runtergekommen, anscheinend geplant in einem eingegrenzten Bereich, aber die Scherben flogen doch ziemlich weit. Also stellten wir uns erstmal zehn Meter weiter auf in der Hoffnung, jetzt sicher zu sein.
In Bath angekommen beschloßen wir, erstmal die JH zu suchen, um zumindest unsere Sachen abstellen zu können. Viel Hoffnung daß wir sofort aufs Zimmer könnten , hatten wir nicht, aber wir wurden positiv enttäuscht. Die erste JH, die ganztätig geöffnet ist (zumindest auf unserer Reise):
Zurück in der City war es auch schon Zeit zum Mittagessen: Nach einigem Suchen einigten wir uns auf Lasagne im Royal Oak und die war ganz hervorragend.
Nachmittags besichtigten wir zuerst – was wohl sonst – die römischen Bäder. Zuerst alleine durchs Museum und dann mit Führung (die sich beim Sprechen fast selbst überholte) durch die eigentlichen Bäder. Die Römer haben schon nicht schlecht gelebt. Übrigens badeten Männlein und Weiblein keineswegs getrennt.
Da man für die Abteikirche praktisch gezwungen war, Eintritt zu zahlen (einer saß mit Kasse vor dem Eingang und bat um eine Spende ) beschloßen wir sie auszulassen und zum Museum of Costume hoczulaufen. Die Eintrittskarte war nämlich in Kombination mit den Bädern billiger. Der Weg führte vorbei am Circus, einem Ring aus viktorianischen Häusern.
Im Museum machten wir eine Führung durch die Jahre mit. Das ist dort echt lohnend, weil man noch wesentlich mehr über die Hintergründe erfährt. Die Kleider sind übrigens alle echt, ungefähr ab 1700, dh. auch die ganz breiten handbestickten. Außerdem wird seit 1963 jedes Jahr ein Kleid hinzugefügt. Allerdings eines von den extravaganten.
Über den Royal Crescent machten wir uns durch den zugehörigen Park auf den Rückweg in die Cty. Wir tranken Tee (bzw. O-Saft) und ließen uns bis sechs auf dem Platz vor der Abtei auf einer Bank nieder. An einer Kirchenmauer spielte jemand Geige, ein kleines Mädchen fütterte die Tauben und jagte hinter ihnen her. Es war vergleichsweise warm, also richtig gemütlich.
Nach einem Anruf daheim ging es mit dem Bus hoch zur Herbege, wo wir zu Abend aßen, noch etwas Olympia schauten und dann ins Bett gingen. Die Herberge war übrigens leicht überbelegt, ein Mädchen mußte auf dem Boden zwischen den anderen Betten schlafen.
Stonehenge
An diesem Tag hieß es halbwegs früh aufstehen, Haare waschen, wieder Erwarten (uns war etwas anderes erzählt worden) eine Duty erledigen und ab nach Stonehenge. Und prompt verpassten wir den ersten Bus.
Also holten wir uns ein Explorer-Ticket und fuhren erst mal bis Amesbury, das auf halber Strecke liegt. Dort sollte es eine sehenswerte Abtei geben. Wir fanden sie auch sofort. Der Park darum herum ist sehr schön und ie Abtei von außern auch. Nur hinein kann man nicht, denn innen ist ein Altersheim.
Statt auf den Bus nach Stonehenge noch eine Stunde zu warten, beschloßen wir die zwei Meilen (3,2 Km) eben zu laufen. Die Strecke ist angenehmer und zumindest auf den ersten zwei Dritteln ruhiger als Loch Ness. Nach ungefähr zwanzig Minuten meinte ich gerade zu Barbara „Noch eine Viertelstunde“, da sahen wir über dem Horizont den ersten Bogen auftauchen. Und richtig, nach einer Viertelstunde waren wir da, übrigens zugleich mit dem Bus.
Stonehenge liegt übrigens direkt an einer vielbefahrenen Landstraße und damit hatte ich echt nicht gerechnet. Aber sie störte nicht sonderlich.
Trotz des teueren Eintritts (3 DM) beschlossen wir, uns das Ganze einmal näher anzusehen und machten jede Menge Photos. Es ist schon beeindruckend, was die Menschen damals mit ihren beschränkten Mitteln geleistet haben!
Von Stonehenge fuhren wir zurück nach Amesbury und von dort aus nach Marlborough in der Hoffnung dort einen Bus nach Avebury zu bekommnen (In der Umgebung von Avebury liegen weitere prähistorische Monumente, zum Teil älter als Stonehenge). Leider fährt von Marlborough nur zwei Mal am Tag ein Bus und da wir eine zweite Nacht in Salisbury schon gebucht hatten , verzichteten wir und beschlossen erstmal zu essen und uns bis zum nächsten Bus noch Marlborough anzusehen. Ganz nett sind die Hausfassande an der High Street.
Der Rückweg nach Salisbury war genau wie der Hinweg die reinste Achterbahn. Ich bin selten so durchgeschüttelt worden, wie auf dem oberen Deck dieses Busses. Also waren wir heilfroh, aussteigen zu können.
Dies taten wir in Old Sarum, wo man die Ruinen der Burg und der früheren Kathedrale besichtigen kann und außerdem eine schönen Blick über Salisbury hat.
Das letzte Stück Weg legten wir dann zu Fuß zurück.
Wir aßen in der Herberge zu Abend und spielten noch zwei Partien Schach, wobei ich jedesmal verlor.
Dann konnten wir ungestört vom Feueralarm einschlafen.