An den Ufern von Mandvi

In Mandvi werden Dhouw gebaut. Das sind Schiffe, die aus Holz und sehr langen Holznägeln gebaut werden, ca. 13 Meter hoch und groß genug für viel Fracht. Handwerklich hergestellt. Solche Schiffe sind heutzutage zum Beispiel noch in den arabischen Emiraten im Einsatz. Es riecht nach Holz und das Holz hat eine wunderbar warme Farbe, auch wenn die Unterseite grau gestrichen wird.

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Heute sind wir in einem Luxus-Beach-Ressort, haben ein Luxus-Zelt mit fest eingebautem Badezimmer und nur 200 Meter bis zum Strand. Hätte jetzt nicht unbedingt sein müssen, aber wenn es schon dazu gehört zur Reise :-).

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Nach dem die Tageshitze verklungen ist, zieht es mich zu einem langen Spaziergang ans Meer. Langsam versinkt die Sonne über dem Land im Westen. Der Himmel färbt sich rot. Die Schäfchenwolken spiegeln sich im Watt (!), dass die Ebbe zurückgelassen hat und in ein paar Prielen. Der Meeresboden senkt sich nur langsam Richtung Meer und so laufen in der Ebbe die Wellen lang und weit aus. Eine wunderbar ruhige Stimmung, die einige Männer zum Cricket-Spielen nutzen.

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Dann kommt – ich glaub’s nicht, aber ich habe bestellt – der Kellner mit der Karte :-)

Der Ober kam mit der Karte

Am Abendbrottisch stößt ein Mann vom Nachbartisch hinzu. Er ist ein Deutscher und bekommt Sehnsucht als er unsere Stimmen hört. Er ist desillusioniert, arbeitet in einem Kraftwerk ca. 40 km von Mandvi und fährt jeden Morgen selbst dorthin. Vom Land hat er ansonsten noch nicht viel gesehen, dafür hat er viel Arbeit, klagt über die in ihrem Kastenwesen verhafteten Kollegen. Wenn er kann fliegt er schnell wieder zur Familie zurück.
Dieses Land, dieses für uns so andere Land ist ihm fremd geblieben.

Am anderen Morgen hängen die Federbüsche voller Libellen und ein schwarzweiß karierter Schmetterling flattert vorbei. Vor dem Tor verabschiedet uns ein schwarzes Kamelbaby. Aber wir können uns noch nicht losreissen. Ein Eisvogel, die Schwalben mit ihren langen dünnen Schwänzen und der Lieblingsvogel unseres Fahrers – ein „Eurasian Thicknee“ bremsen uns aus.

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Aber es hilft nichts. Die Reise geht weiter.

Handwerkskunst

Fast kühl ist im Gegensatz zum Rani Ki Vav – den wir kurz zuvor besucht hatten – in einer Weberei in Patola Patan. Die Fäden sind vorgefärbt und werden so miteinander verwebt, dass sie dann die Muster ergeben. Beidseitig ergeben sich dieselben Muster. Beeindruckend was dies für eine geplante Arbeit ist. Der mitgenommene Prospekt betont immer wieder, das bisher noch keine Maschine und kein Computer diesen Effekt hinbekommen hat.

Webstuhl in Patola Patan

Um die Mittagszeit eines langen Fahrtages lernen wir eine der vielen Arten kennen, wie man Saristoffe verschönern kann. Ein junger Mann mit islamisch afghanischem Bart empfängt uns und erklärt in aller Ruhe und mit viel Geduld, welche Farben für den Blockdruck benutzt werden, welche Stoffe bedruckt werden und wie beim Blockdruck vorgegangen wird, insbesondere auch, wenn der Druck beidseitig erfolgen soll. Fixiert wird mit Alum (Alaun). Mit welcher Genauigkeit diese Männer ihre Arbeit machen, trotz einfachem Handwerkzeug!
Natürlich geht es auch in den Verkaufsladen, aber das gehört dazu. Es gibt Tee, Masala Chai und dann können wir in den Tüchern in den Regalen kramen.

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In der Weberei ein paar Kilometer weiter zeigt man uns Stoffe verschiedener Qualität und ihre Herstellung in großen Handwebstühlen. Diesmal kaufen wir nichts, trotz genauer und engagierter Erklärung. Das tut einem ein bisschen leid – nach der Mühe, die sich die Leute machen. Aber Mitleid haben diese Leute ob ihres Könnens auch gar nicht nötig. Faden um Faden in komplexen Mustern, die die Kunden gezielt in Auftrag geben entstehen Wunderwerke.

Webstuhl

Es gibt nur noch eine einzige Familie in Gujarat – wer weiß, vielleicht weltweit – , die noch Stoffe nach Rogan-Art bemalt. Ein dicker Farbklecks wird auf die eine Hand gegeben, dann holt die andere Hand mit einem kleinen Stock immer wieder Farbfäden heraus und tupft oder zieht Farbe über den Stoff. Die Farbe wird aus Castoröl hergestellt. Der bemalte Stoff wirkt fast wie Stickerei. Eine unglaublich präzise Arbeit.

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Auch interessant, wie man Kochlöffelstiele wasserdicht bemalen kann. Der Handwerker nutzt eine Art Kautschukmasse, die sich durch das drehen des Stils erhitzt, am Stil kleben bleibt und leicht verflüssigt. Das gibt entweder Ringe am Stil oder aber bei passender Haltung leichte Wellenmuster.

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Nur die Töpferarbeiten sind so, wie ich sie auch kenne, vor der Töpferscheibe sitzt eine ältere Frau mit hennagefärbten grauen Haaren und versetzt die Scheibe mit einem Stab in schnelle Drehung und hat im Nu ein ganzes Teegeschirr produziert, dass eine ihrer Mitarbeiterinnen wiederum mit feinen Mustern verziert.

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Und dann erwischt es mich richtig, ich die ich die letzten Reisen ernste Probleme hatte, überhaupt Souvenirs zu finden. Eine große Decke mit Spiegelstickerei in einer Rundhütte mit gefegtem Boden :-)

Spiegelstickerin

„Normale“ Sticker sahen wir in Mandvi. Wobei vielleicht nicht die Technik das besondere ist, aber die Muster.

Sticker

Das so viele Handarbeiten auf dem Boden stattfinden ist mir im Nachhinein aufgefallen. Teilweise in Körperhaltungen, die wir – vielleicht auch aufgrund der Schreibtischarbeit – gar nicht mehr hinbekommen.

Paläste nach dem Erdbeben in Bhuj

Angekommen in Bhuj schaffen wir es, Guide und Fahrer zu überreden, uns gaaanz alleine losziehen zu lassen. Oh Oh. Drei große Mädchen ;-).

Gegenüber dem Haupteingang zum Basar sehen wir ein großes Tor, das in einen großen Palasthof führt und kommen das erste Mal auf “Abwege”.

Hier im Palasthof von Bhuj sind die Spuren des Erdbebens von 2001 noch deutlich zu sehen. Das Beben war damals von Delhi bis Chennai zu spüren und hat 30.000 Menschen das Leben gekostet. Einer der Paläste hier in Bhuj wirkt sehr brüchig, ich würde keinen Schritt hinein tun, in Deutschland wäre er wahrscheinlich weiträumig abgesperrt.

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Andere Teile der Palastanlage waren entweder nicht so sehr vom Erdbeben betroffen oder aber sind schon restauriert. Wir schauen ins Museum des Amila Mahal (in etwa kann man das glaube ich mit Spiegelkabinett übersetzen) – das Innere eines Maharadscha-Palastes. Am eindrucksvollsten sind wohl die Holzeinlegearbeiten an den Türen. Das schwarz-weiße Kunsstoffkaro im Schlafbereich des Maharadschas ist dagegen eher, vorsichtig gesagt, scheußlich.
Übrigens – eine Seltenheit in Gujarat – in diesem Museum gibt es tatsächlich Postkarten. Jetzt müssen wir nur noch irgendwo Briefmarken finden. Dann gibt es vielleicht demnächst ein paar Postkarten.

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Die weiße Wüste

Den Grenzstreifen zwischen Pakistan und Indien kann man nur mit einem Permit befahren. Dieser Grenzstreifen ist sehr breit, teilweise mehr als 100 Kilometer. Zwei Atommächte stehen sich hier feindlich gegenüber und wir fahren dazwischen her. Wenn man es nicht wüsste würde man davon nichts merken. Die beiden freundlichen Herren an der Kontrollstation wollen unsere Pässe sehen und fragen über ihren Computer (dessen Karton noch unterm Tisch steht) unsere Daten ab, aber wir sehen harmlos genug aus um uns durch zu lassen.

Die Leute im Dorf, in dem wir kurz halten und einmal die Hauptstraße rauf und runter laufen, sehen sehr afghanisch-pakistanisch aus.

Nicht weit von Pakistan

Ob das Meer hinterm Horizont endet? Man sieht es nicht. Luftspiegelungen links und rechts. Wir stehen in der weißen Wüste. Die heute keine Wüste ist, denn vor uns breitet sich eine  Wasserfläche bis zum Horizont aus, die der Monsun zurückgelassen hat. Ravi hat noch nie das Meer gesehen. Und dieses Sandmeer tut nun so, als sei es der Ozean.
Indische Familien laufen vor auf eine Sandzunge, die hundert Meter weit in die leichten Wellen hineinreicht und staunen.

Das Meer der weißen Wüste

Keine Flamingos

Ein Fahrtag, und zwar ein langer, zwischen Dasada und Bhuj. Der Weg führt wieder durch den großen Rann of Kutch und fast glauben wir, Flamingos zu sehen. Aber es gibt hier eine Storchenart, die auch rosa Rückenfedern hat. Ganze Schwärme dieser Vögel finden wir in den Salzpfannen links der Straße, unter riesigen Strommasten.

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Zum ersten Mal stehen wir in einem Stau – vor einem Bahnübergang. Ich glaube, Gujarat ist wirklich untypisch für Indien, so wenig Leute wie an manchen Stellen auf der Straße sind. Aber die Leute sind auch findig. Im Stau läuft der Junge durch die Automenge mit seinen Bananen. Sein Stand steht verlassen am Straßenrand.

Pausen machen wir bei verschiedenen Handwerkern. Aber weil das so schön zusammenpasst, habe ich die Handwerker von heute und der nächsten Tage in einem eigenen Artikel zusammengefasst.