Zurück in Ahmedabad, ByeBye India!

Der letzte ganze Tag in Indien ist angebrochen. Wir fahren von Bhavnagar nach Ahmedabad und bekommen noch einmal einen Auszug des bisher gesehenen präsentiert.

Links und rechts der Straße steht das Wasser nach dem Monsun noch hoch in den Feldern. Unmengen Wasservögel waten darin. Wir sehen, was wir im Rann of Kutch nicht zu sehen bekamen: Einen Schwarm Flamingos in der Ferne. Rose Störche nahe der Fahrbahn. Eisvögel und Bienenfresser auf den Telegraphendrähten.

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Lothal führt weit in die Vergangenheit zurück, bald 5000 Jahre in die Zeit der Harappa-Zivilisation. Bronzezeitliche Indus-Hochkultur, von der die Ruinen eines Trockendocks und einer kleinen Stadt (“nur 6 Marktstände!” meint Ravi) noch zeugen, gemeinsam mit einem sehr aufgeräumten mit vielen Erklärungen versehenen kleinen Museum.

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Ahmedabad bereitet sich auf Diwali vor, das Fest, das wir gerade nicht mehr erleben werden. Familienfest ein bisschen wie Weihnachten mit Lichtern und süßen Geschenken für die Kinder. Farbpulver für Mandalas vor der Haustür und Massen von Feuerwerkskörpern füllen die Marktstände, Süßigkeiten für die Kinder und alles was das Herz begehrt oder nie haben wollte. Und Menschen ohne Zahl.

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Indien verabschiedet sich von uns mit seiner ganzen Fülle.

Palitana oder nicht, das ist hier die Frage

Schon mal auf den Kölner Dom geklettert? Oder auf den Petersdom im Vatikan? Bravo, das waren jeweils mehr als 500 Stufen. Damit gibt sich allerdings ein Jain nicht zufrieden. Palitana zum Beispiel, in der Nähe von Bhavnagar hat je nach Zählung zwischen 3000 und 3700 Stufen.

Ich komme in ernsthafte Entscheidungsnöte. Denn – ehrlich gesagt – seit meinem letzten Fall aufs Knie am Karnevalsdienstag habe ich kaum Sport getrieben. Das Radfahren funktionierte erst seit Juli wieder so halbwegs und ich bin in diesem Jahr kaum dazu gekommen mein Fahrrad mal aus dem Keller zu holen. Schaffe ich den Aufstieg? Was tun, wenn nicht? Auf halber Strecke in der heißen indischen Sonne alleine zurückkehren? Über eines bin ich mir absolut sicher: Tragen will ich mich nicht lassen. (Kein Scherz. Man kann sich den Hügel in Palitana in einer Seiltrage hinauftragen lassen. Das kostet um die 2500 Rupien (ca. 40 EUR)) Der Aufstieg (mit Träger oder ohne) dauert ca. zwei Stunden.

Was gibt es dort zu sehen?
Palitana ist das größte Heiligtum der Jains mit 863 Tempeln. Dieser Tempelbezirk ist für die Jains so heilig, daß dort niemand über Nacht bleiben darf, nicht einmal die Jain-Priester. Die Nacht dort gehört den Göttern alleine. Unter http://www.gujarattourism.com/showpage.aspx?contentid=1 und eine Audio-Slideshow der BBC (leider nur auf Englisch) findet sich eine kurze Übersicht, was einen dort erwartet.

Die Jains bilden eine Religionsgemeinschaft in Indien, die auf den ersten Blick für uns westliche Touristen schwer vom Hinduismus unterscheidbar ist. Jains gibt es überwiegend in Indien selber und Gujarat ist sicherlich einer der Bundesstaaten von Indien, in denen der Jainismus am meisten vertreten ist. Der Wikipedia-Artikel über diese Religion gibt sicherlich besser Auskunft, als ich es kann. Mir werden wohl die vielen leicht rosa gefärbten Tempel in Erinnerung bleiben, die in Gujarat alle paar Kilometer am Straßenrand zu finden sind. Dann die Speisenkarten, die immer eine separate Liste von Jain-Gerichten enthalten: Jains sind strikte Vegetarier, dies resultiert aus dem Gebot der Gewaltlosigkeit gegenüber allen Lebewesen.

Meine Entscheidung fiel übrigens gegen eine Besteigung von Palitana. Bärbel und Elfi – beide Rentner – hatten sich entschieden, es zu versuchen und sich ggf. das letzte Stück tragen zu lassen. Sie haben beide den Aufstieg geschafft und brachten einige Erlebnisse und Photos und einen leichten Muskelkater wieder zurück mit ins Hotel.  Der Aufstieg wäre wohl auch für mich machbar gewesen, aber ein erholsamer Tag im Park des Nilambagh Palace war auch nicht so schlecht.

Sonnenaufgang über dem Meer

Hier in Nagoa Beach, 7 km von Diu Town, wo wir untergebracht sind, steigt die Sonne morgens aus dem Meer. Oder aus dem morgendlichen Dunst, wie an diesem Tag. Langsam wird es heller. Die Wellen brechen sich irgendwo 20 bis 50 Meter vom Ufer entfernt und laufen dann mit weiten Schaumrändern am Ufer aus. Nur manche erreichen die flachen Felsgrate, die den Strand vom Meer abgrenzen. Das Farbenspiel in orange und rot beginnt, als die Sonne sich aus dem Dunst über dem Meer befreit hat. Irgendwann reicht ein roter Streifen vom Ufer bis an den Horizont.

Ich hätte beim Gepäck nicht so sparen sollen. Dies wäre jetzt der richtige Platz für ein Dreibeinstativ mit den Beinen im Wasser. Der Bohnensack (genauer Maissack), den ich mir am Anfang der Reise gebastelt hatte, hilft da nicht wirklich, abgesehen davon, dass er schön brav im Zimmer liegt. So wage ich mich so nahe wie möglich ich an die Felsgrate ohne einen nassen Hintern zu riskieren, setze mich auf meine Fototasche und schaue, was dabei herauskommt.

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Wie es scheint ist Diu nicht nur pastellfarben, sondern manchmal auch glühend rot. Ein schönes Fleckchen Erde!

Diu Fort – Portugiesen und Katholiken in Diu

Der lokale Guide, der uns am Eingang des Forts von Diu erwartet, hat am Hiinterkopf ein paar Haare, die länger sind als seine Stoppelfigur. Ein religiöses Zeichen. Er spricht ein paar Worte Deutsch, denn er hat schon zwei Jahre in Berlin verbracht. Aber es war ihm zu kalt dort, er mag keine Rollkragenpullover. Mir ist es heute morgen eindeutig zu heiß und ich trotte hinterher, bevorzugt den Schatten suchend, einmal um das Fort von Diu herum bis hinüber zum Leuchtturm.

Mitte des 16. Jahrhundert erlaubte der Sultan von Gujarat im Rahmen eines Verteidigungsbündnisses gegen den Mogulkaiser den Portugiesen die Errichtung eines Forts und einer Garnison in Diu. In der Folge wurde mehrfach versucht, das Fort und Diu zurückzuerobern. Erst 1961 wurden Diu wieder Teil von Indien.

Rundherum stehen Kanonen, immer wieder sieht man “Kanonenbällchen” (Zitat Ravi :-). Unter den Mauern und unter dem inneren Gelände führen Geheimgänge teilweise auch aus dem Fort heraus. Irgendwo hier soll es einen Goldschatz geben, aber noch hat ihn keiner gefunden. Wir auch nicht ;-). Das einzige was hier glänzt wie Juwelen sind die grünen Papageien, die in den Mauern nisten.

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Gegenüber einem Hinduheiligtum steht ein Kreuz, das nachts mit roten Glühlampen leuchtet. Darunter hat jemand Blumen verstreut. Waren das nun Hindus oder Christen?
Auch in der einzig verbleibenden aktiven katholischen Kirche in Diu schauen wir vorbei. Oben von der Decke kommen Stimmen, zwei Handwerker sind am renovieren. Ein Netz hält herunterfallenden Putz auf. Der Kreuzgang ist verwildertes Grün. Der Altarraum – ich hätte ihn nicht automatisch als katholisch erkannt. Dunkles Holz, zwei Altäre hintereinander, dahinter lange Kerzen vor einer blau beleuchteten Madonna. Sehr ungewohnt.
Ravi ist zum zweiten Mal in seinem Leben in einer Kirche und fragt, was die einzelnen (Heiligen-)statuen darstellen. Im Nachhinein frage ich mich, ob er sie vielleicht für Götterstatuen hält und was seine hinduistische Denkweise wohl daraus macht.

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