Handwerkskunst

Fast kühl ist im Gegensatz zum Rani Ki Vav – den wir kurz zuvor besucht hatten – in einer Weberei in Patola Patan. Die Fäden sind vorgefärbt und werden so miteinander verwebt, dass sie dann die Muster ergeben. Beidseitig ergeben sich dieselben Muster. Beeindruckend was dies für eine geplante Arbeit ist. Der mitgenommene Prospekt betont immer wieder, das bisher noch keine Maschine und kein Computer diesen Effekt hinbekommen hat.

Webstuhl in Patola Patan

Um die Mittagszeit eines langen Fahrtages lernen wir eine der vielen Arten kennen, wie man Saristoffe verschönern kann. Ein junger Mann mit islamisch afghanischem Bart empfängt uns und erklärt in aller Ruhe und mit viel Geduld, welche Farben für den Blockdruck benutzt werden, welche Stoffe bedruckt werden und wie beim Blockdruck vorgegangen wird, insbesondere auch, wenn der Druck beidseitig erfolgen soll. Fixiert wird mit Alum (Alaun). Mit welcher Genauigkeit diese Männer ihre Arbeit machen, trotz einfachem Handwerkzeug!
Natürlich geht es auch in den Verkaufsladen, aber das gehört dazu. Es gibt Tee, Masala Chai und dann können wir in den Tüchern in den Regalen kramen.

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In der Weberei ein paar Kilometer weiter zeigt man uns Stoffe verschiedener Qualität und ihre Herstellung in großen Handwebstühlen. Diesmal kaufen wir nichts, trotz genauer und engagierter Erklärung. Das tut einem ein bisschen leid – nach der Mühe, die sich die Leute machen. Aber Mitleid haben diese Leute ob ihres Könnens auch gar nicht nötig. Faden um Faden in komplexen Mustern, die die Kunden gezielt in Auftrag geben entstehen Wunderwerke.

Webstuhl

Es gibt nur noch eine einzige Familie in Gujarat – wer weiß, vielleicht weltweit – , die noch Stoffe nach Rogan-Art bemalt. Ein dicker Farbklecks wird auf die eine Hand gegeben, dann holt die andere Hand mit einem kleinen Stock immer wieder Farbfäden heraus und tupft oder zieht Farbe über den Stoff. Die Farbe wird aus Castoröl hergestellt. Der bemalte Stoff wirkt fast wie Stickerei. Eine unglaublich präzise Arbeit.

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Auch interessant, wie man Kochlöffelstiele wasserdicht bemalen kann. Der Handwerker nutzt eine Art Kautschukmasse, die sich durch das drehen des Stils erhitzt, am Stil kleben bleibt und leicht verflüssigt. Das gibt entweder Ringe am Stil oder aber bei passender Haltung leichte Wellenmuster.

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Nur die Töpferarbeiten sind so, wie ich sie auch kenne, vor der Töpferscheibe sitzt eine ältere Frau mit hennagefärbten grauen Haaren und versetzt die Scheibe mit einem Stab in schnelle Drehung und hat im Nu ein ganzes Teegeschirr produziert, dass eine ihrer Mitarbeiterinnen wiederum mit feinen Mustern verziert.

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Und dann erwischt es mich richtig, ich die ich die letzten Reisen ernste Probleme hatte, überhaupt Souvenirs zu finden. Eine große Decke mit Spiegelstickerei in einer Rundhütte mit gefegtem Boden :-)

Spiegelstickerin

„Normale“ Sticker sahen wir in Mandvi. Wobei vielleicht nicht die Technik das besondere ist, aber die Muster.

Sticker

Das so viele Handarbeiten auf dem Boden stattfinden ist mir im Nachhinein aufgefallen. Teilweise in Körperhaltungen, die wir – vielleicht auch aufgrund der Schreibtischarbeit – gar nicht mehr hinbekommen.

Im kleinen Rann of Kutch

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Gerade hat ein Huhn ein Ei gelegt. In den Restaurantsessel. Es ist noch körperwarm, aber Ravi, der das Ei gefunden hat, hat heute schon ein Omelett gehabt. Dabei hat er bestimmt noch nie ein so frisches Ei bekommen.

Eigentlich sieht dieses Restaurant wirklich nicht nach Hühnerstall aus. Es ist safaristyle, Korbmöbel, Steinbänke mit indisch gemusterten Kissen, orangene Vorhänge mit kleiner Stickerei. Sehr geschmackvoll. Aber eben auch nach außen offen.
Mittlerweile gackert die Henne wieder draußen rum und ich schreibe Tagebuch.

Das Huhn war heute nicht der einzige Vogel, den wir gesehen haben. Der kleine Rann of Kutch ist bekannt für seine Wildesel und seine Flamingos. Da der Monsun dieses Jahr sehr spät war sind wir zu den Flamingos nicht hingekommen, aber es gibt eine unglaubliche Vielfalt von Vögeln in allen Größen und mit jedem Beuteschema, darunter alleine drei Sorten Eisvögel – einer braun mit weißer Brust, einer schwarz weiß und ein richtig schön bunter, zwei Sorten Störchen – einer mit einem Schnabel, der so gebogen ist, dass er offen ist. Bisher habe ich noch keinen Storch vor unserer Hütte landen sehen, aber möglich wäre es schon, denn in dem Brunnen gibt es richtig schön große (und glücklicherweise leise) Frösche. Und eine Lotosblüte, die anscheinend nur nachts blüht.

So ganz wild war unsere Safari heute eigentlich nicht. Viele Vögel saßen nämlich auf den Telegraphenmasten am Straßenrand. Ganze Schwärme von Staren (“Starlings”, sie sind eher rostfarben und nicht gesprenkelt, wie unsere Stare). Dann Schwalben. Grün schimmernde Bienenfresser. Ein Raubvogel – diesmal tatsächlich im Gras. Schade, dass ich kein Bestimmungsbuch dabei habe. Die englischen Begriffe sagen mir nur teilweise etwas.

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Als wir dann von der Straße abbiegen, wird die Landschaft auf einmal trocken. Zuletzt geregnet hat es im September, aber so sieht es nicht aus. Der Boden bricht auf und bekommt Risse. Nur daran, wie tief die Tierspuren sind, kann man erkennen, das der Boden noch Feuchtigkeit enthält. Am Horizont sehen wir eine indische Antilope (“Blaue Kuh”, nennt sie Ravi, sie verändert wohl mit dem Alter die Farbe). Und dann am Horizont die ersten Wildesel. Diese Esel sind geschützt, man darf sie nicht fangen und unser Jeepfahrer – der diese Touren seit 9 Jahren macht und sich recht gut auskennt – meinte auch, selbst wenn man sie fangen würde, zählen können man sie nicht. Die größte Herde sehen wir etwas später auf der Tour. Ein Hengst – erkennbar an der etwas dunkleren Bauchfarbe und an der leicht höheren Firsthöhe – gemeinsam mit einer Gesellschaft aus ca. 20 Stuten und 10 Eselsfohlen. Als wir uns zuerst näherten, laufen sie davon, aber sie haben sich binnen Minuten an uns gewöhnt, und nur der Hengst schaut gelegentlich misstrauisch herüber. Die Esel sind beigefarben, der Bauch ist weiß gefärbt und ein heller Streifen geht hinauf zum Sattelfirst.

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Im Rann of Kutch wird auch Salz abgebaut. Wir halten an der Hütte zweier Männer. Sie haben breite Becken abgegrenzt, einen Brunnen gegraben und Wasser in die Becken eingeleitet. Das erste Becken ist schon wieder trocken gefallen und von einer weißen Schicht bedeckt. Die Männer sind jetzt die gesamte Saison über hier draußen in der Leere in der man nur den Wind und die Vögel hört und gelegentlich die Stimme seines Kollegen. Am Ende der Saison werden sie ein paar Tonnen Salz produziert haben. Sie verkaufen es für 20 Rupien für 25 Kilo. Im Geschäft kostet ein Kilo Salz ca. 2 Rupien. Also eine Gewinnspanne von 10 Rupien.
Und sie müssen aufpassen, dass sie das Salz rechtzeitig vor dem Monsun zur Ablagestelle am Eingang des nächsten Ortes bringt. Es muss abtransportiert sein, bevor der erste Regen fällt. Sonst würde es wieder weggeschwemmt.

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Schade, dass diese Tour nur 3 Stunden dauert. Ich wäre gerne länger unterwegs geblieben. Aber ein langer freier Nachmittag nach den vielen Erlebnissen der letzten Tage ist auch mal nicht schlecht, insbesondere, da die Anlage in Dasada wirklich schön ist, mit ihren Rundhütten.