Nach einer zweistündigen Busfahrt auf angenehm geteerten Straßen (man merkt, wir sind wieder im eigentlichen China), kamen wir in Leshan an. Leshan ist bekannt für seinen riesigen sitzenden Buddha (Weltkulturerbe, wie so vieles, was wir hier sahen), der auf den Fluss hinausblickt.
Wieder einmal waren wir unserem lokalen Guide nicht sehr folgsam. Statt mit der Touri-Falle – äh ich meine Fähre – zu fahren, fuhren wir mit der normalen Fähre (übrigens, wenn auch nicht wirklich relevant, kostet die Touri-Fähre 50 Yuan (5 EUR), während die normale Fähre nur 5 Yuan kostet).
Wesentlicher Unterschied zwischen beiden Fähren ist, das für Touristen ca. 5 Minuten Fotostop vor dem Buddha gemacht wird, während die normale Fähre einfach nur vorbeituckert. (Ich habe den Buddha nur durchs Objektiv gesehen und bin jetzt auf das Photo gespannt. Ist das jetzt eigentlich noch touristischer;-). Auf der normalen Fähre trifft man ausserdem normale Chinesen, was das ganze auch interessanter macht.
Kleine Bemerkung am Rande:
Anscheinend bereiteten wir mit unserem Eigenwillen den lokalen Guides nicht nur Arbeit sondern auch Probleme.
Hui meinte, der Fahrer in Tibet hätte sich beschwert, das wir einfach in irgendwelche Lokale gehen. Wenn das von offizieller Seite bemerkt wird, bekommen diese Gaststätten anscheinend Probleme.
Ebenso meinte die lokale Führerin in ChengDu und Leshan, das sie Punkte abgezogen bekommt, wenn nicht das übliche Programm durchgeführt wird und sie dabei erwischt wird.
Dabei gibt es wohl eine Skala von 12 Punkten. Wenn die lokalen Guides auf 0 kommen, verlieren sie ihren Job.
Hui (unsere Reisebegleiterin, die von Djoser angestellt ist und nicht von der chinesischen Seite, die aber selber Chinesin ist) war sich aber nicht sicher, ob das glaubwürdig ist.
Glücklicherweise hatten wir in Yunnan keine lokalen Guides, und wir werden höchstens nochmal in Guangshou (Kanton) einen bekommen, einen Tag vor Hong Kong.
Ein gutes Stück flussabwärts vom Buddha legte die Fähre an und wir machten uns auf den Fussweg. Richtung Buddha geht es ziemlich rauf und runter. Ich merkte, das meine Kondition doch nicht so schlecht ist, wie ich gedacht hatte. Ich kam kaum ausser Atem. Nur die Beinmuskulatur könnte noch etwas besser sein.
Erster Stopp auf dem Weg war eine buddhistische Tempelanlage neueren Datums.
Kurios war die Seitenhalle mit 500 Anhängern Buddhas. Eine kleine Armee von Terrakottamönchen mit individuellen Haltungen und Gesichtszügen. Sehr bunt angemalt. Einer bohrt im Ohr, der andere in der Nase. Ein anderer hat Brauen bis in die Bartregion, ein vierter lacht sich gerade schief. Die wenigsten sind am Beten oder ähnliches. Ziemlich variantenreich, aber ich habe noch nie so viele hässliche Männer gesehen. Was das ganze in einem Tempel zu suchen hat – keine Ahnung. Aber ganz amüsant.
Der Weg führte weiter zu einem ernsteren Ort. In der Gegend von Leshan wurden viele Gräber aus der Mingzeit gefunden. Diese Gräber gehörten sicherlich etwas reicheren Leuten. Es waren Familiengräber, die mit allem ausgestattet waren, was die Leute nach dem Tod so zum Leben brauchen konnten, z.B. Kücheneinrichtungen. Das macht die Sache heute um so interessanter, weil man daran nachvollziehen kann, wie die Menschen in der Mingzeit gelebt haben.
Mitten in so einem Grab hatte ich auch mein erstes Fotografiererlebnis der anderen Art. Ich wurde nämlich von einer Chinesin aus Guangzhou (Kanton, Partnerstadt von Frankfurt) gefragt, ob sie ein Foto mit mir machen könnte. Natürlich war dann gerade der Film leer, was ich für eine kleine Unterhaltung nutzte, sie sprach nämlich recht gut Englisch (im Gegensatz zu den meisten Chinesen, die ich bisher getroffen habe).
Nach einer Nudelsuppe zum Mittagessen unten am Fluß
wollten wir den grossen Buddha erwandern. Wir erreichten den Aussichtspunkt auf den Kopf – und schreckten doch etwas zurück. Nein, nicht vor dem Buddha. Die Chinesen hatten doch gerade anlässlich des Nationalfeiertags 7 Tage frei und ich glaube, die wollten gerade alle auf einmal am Buddha hoch und runter wandern. Wir haben uns das dann gespart. Hinauf und hinunter hätte es sicher 3 Stunden statt einer gedauert und das in dem Geschiebe – nee, das muß nicht sein.
Stattdessen teilten wir uns auf. Ein Teil ging Richtung einer Pagode, während ich mit der anderen Hälfte den neueren Teil der den Buddha umgebenden Tempelanlagen besichtigte (wo seltsamerweise und unberechtigterweise kaum etwas los war). Nach einem zehnminütigen Waldspaziergang kamen wir an den Höhlen an, die hier in den 80ern aus dem Felsen geschlagen wurden. Die Wände sind geschmückt mit Figuren aus der buddhistischen Welt.
Ich fand das sehr ansprechend. Auch konnten wir noch zwei weitere grosse Buddhas besichtigen. Einen ca. 13 m hohen Hochzeitsbuddha aus der Tang-Zeit (ich nenne den so, weil hier junge Paare bei der Hochzeit Schlösser anketten und dann den Schlüssel wegwerfen)
und einen 127 m langen liegenden Buddha, von dem allerdings nur noch Kopf und Hals zu sehen waren, weil der Rest von der Vegetation überwuchert ist.
Am Bus trafen wir auf den Rest der Gruppe und es ging zurück nach ChengDu zu einem köstlichen Abendessen.
Hygienische Verhältnissen und Essen
Hier hatte ich eine Anmerkung per Email, so dass ich das mal kurz separat schildern möchte.
Die Verhältnisse unterscheiden sich sicherlich von Ort zu Ort. Die Präsentation der Esswaren, insbesondere des Fleisches, auf den Märkten ist sicherlich nicht besonders hygienisch. Allerdings wird das Essen immer sehr frisch und heiss gekocht und laut Reiseführer sind dadurch die meisten Keime abgetötet. Das Essen schmeckt eigentlich fast immer sehr gut. Es gibt nicht nur Fleisch sondern auch viele Arten von Gemüse. Gerade in Sezchuan ist das Essen sehr scharf gewürzt, was ja angeblich auch die Keime abtöten soll. Da es bisher innerhalb der Gruppe noch keine grösseren Fälle von Unwohlsein gegeben hat, haben wir entweder bisher Glück gehabt, oder das Essen ist doch ganz ok.
Hoteltoiletten auf den Zimmern sind so wie wir es von daheim kennen. Ein Thema für sich sind allerdings die öffentlichen Toiletten. Je weiter man sich von den grösseren Städten entfernt, desto weniger Sitztoiletten gibt es. Die Chinesen setzen Sitztoiletten mit Behindertentoiletten gleich. Ansonsten gibt es eher das Modell „Loch im Boden“, mal gefliest, mal aus Beton, mal sauberer, mal weniger sauber. Die innere Wäscheklammer auf der Nase sollte man mitbringen, denn die WCs erkennt man schon aus Metern Umkreis am „Duft“. Allzu viel Hemmungen sollte man auch nicht mitbringen, gerade im ländlichen Bereich gibt es keine oder nur sehr niedrige Trennwände zwischen den einzelnen Örtchen. Im Zug gibt es auch nur ein Hockklo. Da heißt es, sich gut festzuhalten. Immerhin kommt man doch i.a. aus diesen Örtchen mit sauberen Schuhen wieder raus. In den abgelegeneren Bereichen zwischen zwei Städten geht es dann ins freie Feld. Zum Thema Hemmungen: Bäume und Sträucher gibt es auch nicht überall.
So, das mußte mal gesagt werden. Kommen wir wieder zu den angenehmeren Teilen dieser Chinareise.