Stille Spiegelungen auf dem Mars

Nachmittags spiegeln sich Berge und Eis im ruhigen Wasser.

Und Abends wandern wir (!) über den Mars. Auf der Storøen Insel ungefährt 25 km von Uumanaaq entfernt – so schreibt Denis in seiner Ankündigung für den Tag – „gibt es eine spektakuläre Graphitschicht, die Sulfide enthält und deshalb eine farbige rotte Verwitterung aufweist.“
Rötliches Gestein, ein kleiner See am Rand mit dem duftenden flachen Nadelholz. Bizarres Wurzelwerk vom Weiden.

Und als Cosima kommt vergisst Denis die Zeit und seine an der Bucht auf die Rückfahrt wartenden Passagiere. Es gibt ja so viel geologisch Interessantes. Nicht das wir unbedingt sooo schnell nach Hause wollten ;-)

Geologische Mücken-Wanderung am Morgen

Heute morgen ist das Eis einmal kein Thema. Wir wollen auf der Oquaitsut Insel an Land gehen um zu wandern.
Ich klebe hier ‚mal eine Karte ein, damit ihr sehen könnt, wo ich gerade unterwegs bin (und herkomme) Die Oquaitsut-Insel wird durch die blaue Ortsmarke oben angezeigt. Was bei den anderen Marken ist, könnt ihr sehen, wenn ihr auf die Marken klickt.


Grönlandreise 2012 auf einer größeren Karte anzeigen

Barbara kommt nicht mit. Ihre Augen sind zugeschwollen von den ganzen Mückenstichen, die sie gestern abbekommen hat. Mich hat gestern nur eine Mücke an der Hand erwischt. Heute – trotz Mückennetz – eine am Kinn. Die zum Glück noch nicht juckt. Der Stich an der Hand dagegen jucken wie verrückt. Es war UNGLAUBLICH wie viele Mücken gestern um uns herum schwirrten. Und einige von uns haben kein Kopfnetze, die Ärmsten! Mal schauen, wie das heute wird.

Ich schließe mich erneut der leichten Wanderung an in der Hoffnung auf mehr Ruhe für meine Fotos. Diesmal ist Dennis unser Wanderführer. Dennis ist Schweizer. Und Geologe mit Leib und Seele, bevorzugt in den kalten Gegenden. Ich fürchte, da ist bei mir Hopfen und Malz verloren. Ich verstehe nur Bahnhof :-( von dem was er erzählt. Eindeutig eine größere Bildungslücke. Außerdem habe ich anderes im Kopf. Ich mache mich auf die Suche nach Edelmetall, denn laut Dennis soll es das hier geben. Und ich finde auch einen Quarz, ziegelsteingroß, der goldene Einsprengsel hat.  Leider zu groß für den Koffer :-(

Die anderen vergessen in ihrer Begeisterung über schöne Steine Sabine, Claudia und mich, die etwas langsamer hinterher traben. Wir geben schnell auf sie einzuholen und machen unser eigenes Tempo und steigen an einer anderen Stelle die Felsen hinauf. Und werden belohnt mit dem Blick auf eine kleine blauen Bergsee.

Irgendwann finden dann doch alle zusammen. Von Mücken umschwirrt hocken wir im Kreis. Auch einige von der „schnellen Truppe“ sind zu Bergverweigerern mutiert und gesellen sich zu uns an den Mückentanzplatz. Dennis erzählt von seinen Begegnungen mit den Inuit. Ein bisschen wie Lagerfeueratmosphäre. Ohne Lagerfeuer und die Mücken imitieren den Rauch ;-)

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Wanderung bei Claushavn

Morgens sind um ums herum Eisberge.

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Kein Wunder das hier Eisberge sind! Wir sind mitten im Weltnaturerbe des „Kangia“ – des Ilulissat-Eisfjords an dessen Ende sich der Gletscher Sermeq Kujalleq befindet, einer der aktivsten und schnellsten Gletscher der Welt. Bis zu 35 Meter am Tag schiebt er sich in den Eisfjord hinein. Ich zitiere mal Wikipedia, selbst die trockene Lexikonsprache ist hier schon beeindruckend genug: Der Gletscher „vereinigt nach Angaben der NASA etwa 6,5 % der gesamten Eismasse des Landes auf sich. Die Masse der Eisberge, die sich pro Jahr von seiner Gletscherzunge ablösen, summiert sich auf bis zu 35 Milliarden Tonnen; damit kalbt der Gletscher am häufigsten auf der gesamten Nordhalbkugel. Einzelne Eisberge können dabei mehrere Kilometer lang und bis zu einem Kilometer hoch sein.
Bedingt durch die rege Gletscheraktivität ist der Fjord vollständig mit Eis und Eisbergen gefüllt. Das sogenannte „Kalben“ des Gletschers ereignet sich zumeist während des Sommers. Dabei lösen sich riesige Eisberge mit einer Größe von bis zu 700 Metern (10 bis 12 % davon über Wasser) von der Gletscherkante. Zum Erreichen des meerseitigen Endes des Fjords benötigen die Eisberge rund 12 bis 15 Monate. Der Gletscher führt geschätzt zwischen fünf und 10 % der Wassermenge ab, die Grönland ins Meer abgibt.
Am meerseitigen Ende befindet sich 200 bis 225 Meter unterhalb des Meeresspiegels eine Moränenablagerung, an der die größeren Eisberge unter Wasser hängen bleiben. Dies ist die Ursache für eine Ansammlung riesiger Eisberge an dieser Stelle.“

Und das wollen wir uns jetzt während einer Wanderung von Land aus von oben ansehen.

Trotz der Eisberge ist warm. Wo ich in Spitzbergen immer eine warme Unterhose an hatte, reicht hier die windabweisende Wanderhose (und im Zodiac die Regenhose drüber, man hat ja nicht so gerne einen nassen Hintern). Und die Warnung vor grönländischen Mücken ist absolut berechtigt. Die Luft ist hier definitiv proteinhaltig und die Viecher fliegen in jedes verfügbare Loch, in Mund Nase und Ohren. Erst ein bisschen weiter oben, wo wieder Wind weht, läßt die Eiweißdichte etwas nach.

Die Bodenvegetation ist, das fällt mir gleich auf, höher als auf Spitzbergen, aber die Nadelhölzer sind eigentlich genauso winzig. Und auch hier gibt es jahrhundertealte Flechten, auf die wir treten und die sich vermutlich davon nicht so schnell erholen werden, das hat die Pflanzenkundlerin unserer Reisegruppe damals auf Spitzbergen immer wieder gepredigt.. Mit dem „nur die Fußspuren zurücklassen“ ist das in der Arktis so eine Sache.

Oberhalb der Stelle, wo der Gletscher in den Fjord hineinfließt finden wir Grabkreuze. Ein kleiner Friedhof, der vermutlich zum Örtchen Claushavn gehört. Die Gegend ist weder so gottverlassen noch so menschenverlassen wie sie aussieht. Aber der Weg hinaus zu den Gräbern ist weit. Allzuoft werden diese sicherlich nicht besucht.

Der Blick der Toten und der Lebenden auf den Sermeq Kujalleq ist grandios. Wir sehen nur das Ende der Eismassen, aber sie türmen sich zu erheblichen Höhen auf (nicht bis zu einem km, da hat Wikipedia vielleicht etwas übertrieben, aber 100 Meter könnte schon hinkommen). Weisses Eis mit braunen Streifen in tiefblauem Eiswasser. Die bunten Farbtupfer unserer Wanderjacken wirken dagegen winzig. Über allem weht der Wind.

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Auf dem Rückweg hat es unser Guide eilig. So eilig, daß wir selber unseren Weg finden müssen durchs Gestein. Ich gehe mit Sabine. Sie hat einen Wanderstock dabei und ist sehr trittsicher, hat aber ungefähr mein Tempo. Und wenn man nicht gerade eine Mücke im Mund hat kann man sich da sogar halbwegs gut unterhalten.

Nachtrag

Von der Skansbukta aus kehrten wir zurück zum Ausgangsort der Reise, Longyearbyen. Die Antigua legte am Kohlehafen unterhalb eines Krans an und das sah fast aus, als wenn sie abgewrackt würde. Dabei hat sie das echt nicht verdient.

Elfi und ich liefen gemeinsam bis zum Passagier- und Frachthafen, dort steht auch das berümteste Schild der ganzen Insel, ohne das wohl eine Spitzbergen-Reise nicht vollständig wäre (meinen manchen zumindest). Daher hier pflichtschuldig ein Bild davon.

Als wir zurückkehrten fanden wir Besuch an Bord. Rolf Stange schaute sich die Antigua an. Wenn man nach unseren Mitreisenden geht wird er mittlerweile zu einer kleinen Berühmtheit. Ich glaube, die meisten hatten sein Buch gekauft und hätten am liebsten ihn mit an Bord gehabt auf der Reise. Kathrin und ich hatten auch erst überlegt bei ihm zu buchen, aber das passte leider zeitlich und preislich nicht.
Kathrin und ich kennen Rolf schon von unserer Antarktis-Reise. Klar, dass wir ihm guten Tag sagten. Er hat immer noch das gleiche Lächeln, bei dem man sich sofort willkommen fühlt, wie im Dezember 2005. Und das wäre für mich ein genauso wichtiger Grund mit ihm zu fahren wie seine Kenntnisse in diesen kalten Gegenden. Vielleicht klappt es ja irgendwann einmal wieder.
2010 findet man ihn übrigens auch auf der Antigua.

Wenn ihr mich fragt, wie mir diese Reise gefallen hat, so muss ich sagen, eigentlich ziemlich gut. Nun, es gab die einen oder anderen Probleme in der Gruppe und auch mit den Guides. Und auch die beiden ziemlich abenteuerlichen Situationen – zum einen das Festsitzen im Eis. Und dann die Strandung und Kenterung im Raudfjord. Auch wenn Joachim das am Lagerfeuer anders erzählt hat, für mein persönliches Gefühl war die Strandung nicht gerade ohne. Dieses Gefühl habe ich im Nachhinein fast noch mehr als währenddessen. Warum, nun lest selber und bildet Euch ein Urteil. Und ich möchte so etwas auch nicht noch einmal erleben. Aber auch in den brenzligen Situationen, habe ich nie diese tiefe Verunsicherung gespürt, die ich doch schon ein zweimal vorher im Leben hatte. Irgendwie wusste ich, das wird gut gehen.
Diese Reise war ein einmaliges Erlebnis und wäre es auch ohne diese Abenteuer gewesen. Das Unterwegs sein auf einem Segelschiff, eine kleine persönliche Gruppe. Die See. Das Eis. Und vor allem die Landschaft Spitzbergens, mit Betonung auf "Land", denn wenn man nicht an Land geht, hat man diese Inseln nicht erlebt, soviel steht für mich fest. Und lasst Euch eins gesagt sein: Es ist egal, ob ihr die Umrundung schafft oder nicht, ob die Sonne scheint oder wie bei uns der Nebel vorherrscht. Es gibt immer genug zu erleben.

Würde ich noch einmal mit der Antigua nach Spitzbergen fahren? Sie und ihre Besatzung hat sich jetzt die arktischen Hörner abgestoßen. Es ist ein Schiff auf dem man sich wohl fühlen kann. Die Antwort ist für mich ein eindeutiges Ja.

Liebe Mitreisenden, was meint ihr dazu?

Skansbukta

Der letzte Morgen unterwegs ist angebrochen. Die Wolken liegen tief in den Berggipfeln. Diese Wolkenstimmung hat mich schon während der ganzen Reise fasziniert.

Wir ankern in der Skansbukta und gehen an einem gestrandeten Wrack an Land. Gut, dass es uns besser erging, aber es sieht schon irgendwie malerisch aus.

Rund um einen kleinen Wasserlauf ist der Boden knallig grün. Es reicht nicht, wenn es nur regnet, das Wasser muss von unten kommen. Aber nicht zuviel.

Am Ufer steht eine kleine Hütte, offensichtlich gut in Schuss und in Benutzung. Aber die Bewohner möchten keinen Besuch, wir halten Abstand. Stattdessen werfen wir einen Blick auf die kleine Gipsmine etwas oberhalb mit ihren verbogenen Bahnschienen.

Wir wandern weiter entlang des schmalen Ufers und stoßen auf Versteinerungen

Oben im Geröll am Hang wächst einen Jakobsleiter, auf die Jan uns aufmerksam macht. Ich werfe mich in den Dreck. Natürlich mit voller Absicht.

Es bleiben nicht die einzigen Blumen hier. Es blüht an allen Ecken. Auch die Polarweiden haben taubetropfte Blüten. Und die sind bald größer als diese "Bäumchen". selber

Die Gruppe trennt sich wieder einmal, Jan kehrt mit der einen Hälfte zurück, aber ich gehe diesmal mit der anderen Hälfte weiter. Wir wollen versuchen, gemeinsam mit Jelle, zur anderen Seite der Bucht zu gelangen. Das bedeutet, auch einige Wasserläufe zu durchqueren. Mal schauen, wie weit wir kommen. Erst gehen wir ein ganzes Stück ins Land hinein, wo das Wasser schmaler wird. Wir kommen recht gut voran. Aber irgendwann müssen wir umkehren. Die Bäche sind nicht tief, vielleicht wadenhoch, aber dummerweise haben einige nur ihre Wanderstiefel an. Schade. Ich bin mir aber auch nicht sicher, ob es möglich gewesen wäre wirklich durchzukommen. Je weiter wir zur anderen Seite der Bucht kommen, desto breiter wird das Wasser. So kehren wir um zur Stelle wo wir angelegt haben.

Und ich schaue den Gänsen hinterher, die vielleicht gerade nach Süden fliegen. Hinein in die Wolken.

Morgen werden wir ihnen hinterher fliegen.