Jericho und Jerusalem

Unser letzter Morgen im Kibuz Ginosar brach an. Mosche aus der Gründergeneration fuhr uns im einer Art Planwagen, der hinter einen Traktor gespannt war, durch das Gelände und erklärte die Lebensweise der Kibuzim.
Der Kibuz hat auch eine eigene Holocaust-Gedenkstätte aus Bahnschienen. In den Steinen dazwischen sind die Namen naher Verwandter eingraviert, die in den Lagern umkamen.

Nach dem Kofferpacken konnten wir noch einen Blick auf eine 2000 Jahre altes Boot werfen, das vor zehn Jahren zwischen dem Kibuz und Migdal (Magdala) gefunden worden war. Für sein Alter wirklich wunderbar erhalten – vielleicht ist schon Jesu Auge darauf gefallen. Die Aufregung der Kibuzim über den Fund kann ich aber auch so gut nachvollziehen.

Als wir das Gelände verliessen trafen gerade jede Menge israelischer Soldaten für eine Vereidigung ein.

Der nächste größere Halt war in Jericho im palästinensischen Autonomiegebiet. Die Mauern von Jericho hat man allerdings in dieser angeblich ältesten Stadt der Welt nicht wieder finden können. Dafür einen Turm, der jetzt unter der Oberfläche liegt und wahrscheinlich zur Mondverehrung diente. Um Jericho herum ist die Landschaft schon sehr trocken.

Nach Jerusalem kann man über die Autobahn oder über die alte Strasse durch das Wadi al Quelts kommen, was wir auch taten. Dort tun sich wahrhaft spektakuläre Ausblicke auf und wenn man aussteigt verfolgen einen arabische Händler.

Vorbei an Beduinenzelten und arabischen Dörfern näherten wir uns der heiligen Stadt, die von der Abendsonne in goldenes Licht getaucht wurde. An der Spitze des Ölbergs breitete sie sich dann auf ein Mal in ihrer vollen Schönheit vor uns aus, überragt von den Kuppeln des Felsendoms, der Al-Aksa-Moschee, sowie der Grabeskirche. Was für ein Anblick.

Unser Hotel ist das YMCA im Ostjerusalem mit sehr arabischem Flair. Im Lobbyrestaurant trafen wir Suliman der für die Friedrich-Naumann-Stiftung (FDP) arbeitet und selber Palästinenser ist. Er erzählte uns über die palästinensische Sicht des Friedensprozesses und wir konnten im Fragen stellen.

Zu Abend aßen wir in Ullis Lieblingsrestaurant in der Neustadt.

Der See Genezareth

Um acht Uhr ging’s los: Rad einstellen und dann parallel zum Seeufer auf einer (Halb-)runde um den See. Erste Station war Tabgha mit der Brotvermehrungskirche, die sehr schöne Mosaike enthält, aber wahrscheinlich wohl nicht die Stelle der Speisung der 5000 war. Aber nach 2000 Jahren macht auch die Verehrung der Pilger einen Ort heilig.

Die Sonne stach schon am frühen Morgen. Man konnte gar nicht genug Wasser trinken. Warum muss ausgerechten am Tag der Radtour eine Hitzewelle beginnen?! Nächste Station war Kevar Nachum – Kapernaum – die Stadt, in der Jesus lange Zeit gelebt hat, wahrscheinlich im Haus des Petrus. Es ist relativ sicher, das Petrus an dieser Stelle wirklich gelebt hat, da es uralte Hinweise darauf gibt. Das Haus des Petrus bzw. dessen Überreste sind überbaut von einer ufoartigen Kirche, die inmitten der Ruine sehr fremd wirkt. Nicht weit vom Haus ist die alte Synagoge (4. Jahrhundet nach Christus), teilweise wieder aufgebaut worden. In der Schicht darunter findet sich die Synagoge, in der wohl Jesus gelehrt hat. Ringsum müssen sich noch viele Ruinen befinden, doch sie liegen noch verborgen.

Weiter ging es durch die Sonne und mit Pausen im Schatten. Wir überquerten den Jordan und kamen damit an den Rand des Golans, von Israel 1968 annektiertes syrisches Gebiet. Der Jordan ist dort nur ein kleiner Fluss. Kurze Zeit später – es wurde immer wärmer – entschloß ich mich, auf den Begleitbus umzusteigen. Nach dem Mittagessen fuhr der Bus vor bis zum Kibuz En Gev. Die übrigen acht strampelten tapfer mit den Rädern und kamen eine Stunden später auch an. Nur Barbara war kurz vor Streckenende auch in den Bus gestiegen. Von En Gev ging es mit dem Jesus Boat, einem Holzboot zurück nach Ginosar. Ich war ganz schön fertig von der Hitze und allem.

Mit dem heutigen Abend endete das Laubhüttenfest mit dem Fest der Thorafreude. Wir fuhren nach dem Abendessen hinein nach Tiberias. Auf dem Platz in der Stadtmitte hatten sich schon viele Leute vor einer Bühne versammelt. Nach einiger Zeit hörten wir Klatschen und Rufen und ein großer Zug von Männern kam um die Ecke und tanzte mit mehreren Thorarollen auf dem Platz. Dort setzte sich der Tanz fort, links die Frauen für sich und rechts die Männer für sich mit den prächtig geschmückten Thorarollen. Ein Fest der Lebensfreude und ich hätte am liebsten mitgetanzt.

Unsere Gruppe ging dann noch zu einer Kneipe im dortigen Vergnügungsviertel.

Übrigens

  • Der jüdische Tag beginnt mit Sonnenuntergang
  • Sonnenungergang ist schon um 17 Uhr
  • Am Yom Kippur wird weder gegessen noch getrunken.

Tel Aviv und Megiddo

Die Reisegruppe besteht aus 21 Leuten plus Reiseleiterin Ulli. Barbara und ich sind mit unter den Ältesten, aber vom Alter her ist die Gruppe nicht so weit entfernt.

Einige Leute haben interessante Berufe. Silke ist verantwortlich für den deutschen Teil der internationalen Raumstation. Sandra ist Journalistin für ein Fetisch-Magazin.

In Tel Aviv besuchen wir morgens das Diaspora-Museum, eine Ausstellung über die mehr als 1800 Jahre jüdischen Exils bis 1945. Dort erfährt man auch sehr viel über jüdisches Brauchtum. Ein sehr interessant gemachtes Museum.

Zwischenstation machten wir vorher auch noch an dem Platz, an dem Yitzack Rabin ermordet wurde. Das Denkmal symbolisiert die Erschütterung – wie ein Erdbeben – die nach diesem Attentat durch Israel ging.

Von Tel Aviv geht es durch eine karge Landschaft, gelegentlich unterbrochen von Ölbaumplantagen , bis Megiddo.

Megiddo ist ein Tel: Siedlung über Siedlung sammelten sich im Lauf der Jahrtausende Schicht um Schicht die Überreste von zwanzig verschiedenen Städten übereinander an. Auch König Salomon hatte hier eine Palast mit Stallungen in den 450 Pferde Platz hatten und von denen man noch die Futtertröge sehen kann.
In tieferen Schichten findet sich ein kanaanitischer Rundalter und ein Getreidesilo.
Um auch in Belagerungszeiten Wasser zu haben wurde zur Quelle ein Schacht gegraben, von zwei Seiten. Für die damalige Zeit eine beachtliche Ingenieursleitung.

In Megiddo aßen wir auch zu Mittag, osteueropäische Küche.

Gegen vier Uhr kamen wir im Kibbuz Ginosar an. Irgendwo in der Nähe lag zu Jesu Zeiten Genezareth, wo das Boot der Jünger anlegte nach dem Jesus ihnen übers Wasser nachgegangen war. Nach der Tageshitze war das Seewasser angenehm kühl, wenn auch der Strand recht steinig war. Am Abend begann der zweite Feiertag des Laubhüttenfestes, weswegen das Essen besonders aufwändig war. Ziemlich orientalisch! Um den nächsten Tag zu planen setzten wir uns danach nochmals am Strand zusammen. Ein seltsames Wetter, kühle und heiße Winde wechselten sich ab, aber der Himmel war sternenklar.