von Baumwolle und Saris

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Nepal biegt in einen Hof ab, der von Säulengängen umringt ist. In der Mitte steht Wasser in einem hellblau bemalten Brunnen. Wir hören lautes Klappern und Surren: Elfi will eine Fabrik von innen sehen und ihr Wunsch wird ihr nun erfüllt.

In den Räumen auf der linken Seite stehen Webstühle. Junge Frauen – ich schätze ab ca. 16 Jahre, aber Inderinnen sind für mich schwer zu schätzen – sitzen an den Geräten mitten im Lärm und treten mit den Füssen nach den Pedalen. Die Schiffchen fliegen hin und her, dazwischen saust der Kamm immer wieder nach vorne, um das feine Garn zusammenzupressen. Die Mädels nutzen unseren Besuch zu einer kurzen Pause, pressen ihre Gesichter nebeneinander in den Fensterrahmen und rufen “Namaste” oder “Ram Ram” oder “Hello”.

Mittlerweile hat uns auch der Fabrikbesitzer entdeckt und lädt uns zu einer Führung ein. In den Räumen auf der oberen Etage werden die Webstühle vorbereitet und die Kettfäden aufgespannt. Zwei Mädchen sitzen vor und hinter einer Wand aus Fäden und ziehen Knoten. Über Spinnräder laufen Baumwollfäden. Ein Raum weiter sitzen Frauen vor Geräten auf dem Boden, mit deren Hilfe Garnrollen aufgerollt werden. Eine an sich leichte Arbeit, auch wenn die Position auf den Knien bestimmt nicht die bequemste ist. Wie flink diese Mädchen sind und wie fröhlich.
Sie arbeiten 8 Stunden am Tag. Ihre Pausen können sie selbst bestimmen, aber sie müssen ein bestimmtes Pensum leisten. Sagt der Fabrikbesitzer.

Nach dem üblichen Gang durch den Werkverkauf (diesmal war Ravi shoppen. Männer im Kaufrausch :-) Nepal hat ihn beraten), fuhren wir ein Stückchen weiter zu einer Sarifabrik. Hier ist der Hof aus gestampfter Erde, nicht aus Beton. Die Arbeiter sind Männer. Unter dem Dach der Fabrikhalle wehen Saribahnen. Unten drunter wird Farbe auf teildurchlässige Plastikvorlagen geschüttet. Diese werden dann auf die Saris gelegt und die Männer schieben die Farbe mit Hilfe eines Brettes hin und her und setzen die Vorlage dann wieder einen Meter weiter. So wird die Stoffbahn (Saris sind ca. 7 m lang) nach und nach eingefärbt.
Heute ist der Tag des Rots, aber auf dem Boden finden sich Farbtöpfe in verschiedensten Farben, teils pflanzlich, teils auch Chemiefarbe. Der Boden ist mit Farblachen bedeckt und wir müssen aufpassen, wo wir hintreten.
In einer Ecke des Fabrikraums, die tatsächlich frei von Farbe ist, werden die getrockneten Saris dann aufgehäuft und schließlich draußen in der Sonne ausgebreitet.
Nur in den Verkaufsräumen sind auch junge Frauen. Und haben auch diesmal bei Ravi Erfolg, der – auch wenn dies nur sein Vater erwartet – auch für Schwester und Mutter etwas mitbringt.

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Auf den Straßen Gujarats

Unser erster halber Fahrtag. Die (gut geteerte) Straße zieht wie ein Bilderbogen an mir vorbei. Nein, Fotos mache ich kaum, durch Autofenster auf Passanten zielen liegt mir (ok meistens) nicht. Also nehmt Eure Fantasie bei der Hand, dreht die Sättigung hoch und die Lightroom-Besitzer die Vibrance und die übrigen Fotografen machen mal ein schönes S auf die Tonwertkurve, für den Farbkontrast. Das könnte ungefähr hinkommen mit dem was ich gesehen habe. Die Farben der Saris selbst der einfachen Frauen sind fantastisch und das Leben bunt.

An der Mautstation verkaufen Händler Wasserkastanien durch die Gitter der Busfenster. Die Mautgebühr wird Nepal von einem jungen Mann mit lila Hemd und Taschentuch in der Brusttasche abgenommen.
Auf der Autobahn kommt uns ein Motorradfahrer auf der falschen Seite entgegen (aber was ist die falsche Seite? Hier ist nämlich Linksverkehr :-))

Links und rechts der Straße sind Baumwollfelder und ich kann die ersten Püschel Wolle erkennen. Und weiß außerdem nun, warum Inder nie Magenprobleme haben können, denn so viel Rizinus wie hier wächst, das muss für alle Inder reichen, die es auf der Welt gibt.

Einsam auf der Straße läuft einen Frau im pinkfarbenen Sari mit einer Wasserkanne auf dem Kopf.
Ein Stückchen weiter kommen uns zwei Frauen in schwarzen bestickten Saris mit jeweils einem Stapel Tücher auf dem Kopf entgegen.
Das gelb eines Saris leuchtet auch unter einem Büschel Tierfutter hervor. Zwei Frauen in grüngelb ziehen eine Ziege hinter sich her.
Ob irgendjemand in Deutschland in der Lage wäre, diese riesigen Wanne mit Maiskolben so elegant auf dem Kopf zu balancieren?
Eine Frau in rot mit blauem Schal trägt einen riesigen Holzstapel, die Tochter hinter ihr übt noch, ihr Stapel ist mit dickem Tau umwickelt.
Selbst im Straßenbau hat frau einen ordentlichen Sari an.
Oben zwischen den Bäumen fliegen grüne Papageien mit rotem Halsband.
Die Ziegenherden werden von Frauen oder Kindern gehütet. Nur die Kuhhirten – ältere Männer – tragen weiß, einen Doti, und ein Oberteil, das in der Sonne blendet.

In einem Dorf können wir dem Barbier im Vorbeifahren beim Rasieren zuschauen. In den Feldern kann man gelegentlich buntpastellene Hindutempel erkennen. Aber auch kleine Grabmäler. In eine Lücke zwischen zwei Felder werden Häuser gebaut. Eine Wäscheleine hängt quer über einem Maisfeld mit bunten Saris, die im Wind flattern.

Dann bin ich verblüfft. Denn selbst im Fernsehen habe ich noch nie ein angeschirrtes Kamel gesehen. Irgendwie habe ich immer gedacht, Kamele wären höchstens zum reiten geeignet. Wieder was gelernt :-)

Wir fahren durch das Arvali-Gebirge. Ravi meint, es sei älter als der Himalaya. Ein rötlicher Steinhaufen, Steinbruch für Jahrtausende von Wind und Regen des Monsun. Kuhreiher sitzen am Straßenrand auf den Bäumen, aber Kühe oder Wasserbüffel sehe ich keine.

Idar ist eine Ortschaft, der von Stammesmitgliedern aus Rajasthan bewohnt wird. Sie haben einen roten Punkt auf der Stirn und die verheirateten Frauen einen rot gefärbten Scheitel. Ein roter Strich auf der Stirn der Männer heißt dagegen, dass sie einen Tempel besucht haben. Draußen vor der Stadt stehen Zelte. Bunte Tücher trocknen auf einem Stein. Es gibt ja hier noch Nomaden, ob dies welche sind? Ich weiß es nicht, wir durchfahren den Ort ohne anzuhalten.

Die Ladeflächen der Lastwagen vor uns sind nicht nur bis oben hin befüllt, es fahren auch noch Leute mit. Ein Junge liegt auf einem Stapel blau-weiß gestreifter Bretter, das Kinn auf den Händen und schaut in den nachfolgenden Verkehr. Auf dutzenden Säcken von Auberginen sitzen drei Männer und halten sich fest.

Und alles hupt fröhlich vor sich hin. “Horn OK, please!” steht auf den Lastwagen.