Ich glaube, ich verliere ‚mal kurz ein paar Worte über unser Fahrzeug: Wir fahren mit einem ca. 20 Jahre alten Mercedes-Bus mit knapp 40 Sitzplätzen durch die Gegend. Da wir nur fünfzehn sind, hat also jeder zwei Sitze für sich. Diese Sitze sind braun mit beigen Streifen und recht bequem und immer noch gut gefedert. Nur der Sitz rechts am Fenster in Reihe fünf hat die dumme Angewohnheit, immer nach hinten zu kippen. Der Bus gehört Molnio persönlich und er pflegt ihn gut, wäscht ihn manchmal sogar in der Mittagspause. Nur die Scheibe rechts hinten hat einen langen Kratzer, der aber schon älteren Datums zu sein scheint. Die Lüftung sorgt für Abkühlung trotz albanischer Hitze und wenn das nicht hilft, kann man auch noch die Dachluken öffnen.
In Durres sind wir nach kurzer Fahrt diesmal schon um elf und haben das beste Hotel der Reise und wohl auch das größte Zimmer auf der ganzen Fahrt. Dafür erlebe ich hier den ersten Stromausfall – allerdings nur für zwei Sekunden. Die Reiseführer schreiben immer, das die Stromversorgung im Land unsicher sei. Bisher haben wir davon nicht wirklich etwas gemerkt. Diese zwei Sekunden zählen wirklich nicht.
Die Sonne brennt die Strandpromenade leer und es ist so heiß, das man es auch unter dem Schirmen im Café nicht aushalten kann. Zeit also für eine ausführliche Siesta, die ich nur für einen kurzen Besuch im archäologischen Museum von Durres gegen eins unterbreche. Das Museum liegt nur ein paar Meter vom Hotel und beherbergt Schätze aus griechischer und römischer Zeit. Der Untergrund von Durres ist Kulturdenkmal und birgt mit Sicherheit noch viele Geheimnisse. Nur graben kann man dort nicht systematisch, denn die Stadt ist seit der Antike fast durchgehend bebaut. Die Archäologen nutzen also ihre Chance immer dann, wenn irgendwo einen Baugrube ausgehoben wird. Auf diese Weise wurde auch das größte Amphitheater des Balkans außerhalb Griechenland entdeckt. Ein Amphitheater, in dem auch Gladiatorenkämpfe und Tierkämpfe stattgefunden haben. Die Gänge zu den Tierverschlägen kann man heute noch besichtigen. Kommt man aus der gleißenden Nachmittagssonne – wie ich so gegen fünf Uhr nachmittags – sind sie dunkel und ein bisschen unheimlich. In einer Ecke des Theaters finden sich auch Überreste einer kleinen christlichen Basilika aus späterer Zeit mit Mosaiken. In der Mitte des Theaters steht heute ein Haus aus neuerer Zeit, um das die Schwalben kreisen.
Um fünf Uhr kann man sich auch wieder auf die Promenade wagen. Das Meer glitzert.
Am Ende der byzanthinischen Stadtmauer steht ein venezianischer Turm, der die Schirme einiger Cafés beschattet. Ich habe Hoffnung, in den Hafen schräg gegenüber hinein zu kommen, aber der ist nicht allgemein zugänglich. So verlängere ich meine Siesta noch ein bisschen bis es Zeit zum Abendessen ist.
Abends laufen Jutta und ich zur Promenade und treffen so nach und nach die halbe Reisegesellschaft. Mit Georg gehen wir Richtung venezianischem Turm um zu essen.
Georg ist Schauspieler und erzählte von den Vorstellungen, die er gegeben hat, mit wem er gespielt hat und das die Leute anfangen, Gedichte – die er „spricht“, nicht „liest“ – wieder zu entdecken.
Und er erzählt von einem dreiwöchigen Besuch in Nordkorea – ein kontrollierter Urlaub, wie er ihn davor und danach nie wieder erlebt hat. Nordkorea, das muss heute so sein, wie Albanien vor fünfundzwanzig Jahren.