Rund um den Jokhang, der erste Blick auf den Potala und das Drepung-Kloster

Wie gut das Hotel gelegen war merkte ich erst am nächten Morgen als der Markt öffnete und wir aus unserem Hotelfenster direkt den Pilgern zusehen konnten, wie sie um den Jokhang-Tempel kreisten.

Der Jokhang-Tempel war auch das erste Ziel des Tages. Von aussen entspricht er im Baustil den typischen tibetischen Häusern: rechteckige Würfel mit kleinen Türmchen an den Hausecken, die mit Gebetsfahnen geschmückt sind. Die Oberkante des Hauses ist rötlich gefärbt. der Rest des Hauses ist aussen weiss verputzt.
Der Tempel ist natürlich wesentlich grösser als so ein Haus. Für Touristen ging es durch den Seiteneingang hinein, vorbei an den Pilgern (Wäre ich alleine gewesen, ich hätte mich lieber bei den Pilgern eingereiht). In der Haupthalle des Tempels sind mehrere große vergoldete Buddhafiguren. Davor sind die Sitze der Mönche. Die Pilger werfen sich vor den Buddhas auf den Boden. Zuerst auf die Knie und dann rutschen sie mit den Händen nach vorne und berühren mit der Stirn den Boden.
Gelegentlich zog Weihrauch durch den Tempel. Im obersten Stockwerk schlugen Mönche die Trommel.
Die Atmosphäre ist sehr – tja – religiös, fromm, hingebungsvoll. Sehr verschieden von dem was ich bei uns in den Kirchen kenne. Ich sage es mal so, für mich war die Gegenwart Gottes deutlich spürbar (auch wenn es für Buddhisten eigentlich keinen Gott gibt).

Wir konnten bis hinauf auf das Dach des Tempels steigen. Von dort hat man einen guten Blick auf die Pilger, die den Tempel umrunden und auf die Marktstände. Und (!) auf den Potala, der in der Sonne glänzte. Wir verweilten eine ganze Zeit und liessen das Gesehene und das was wir sahen auf uns wirken.

Dann gingen Elfi und ich den Pilgerweg nach und stöberten an den Marktständen am Weg. Zimbeln, Klangschalen, Gebetsmühlen, Silberschmuck mit Halbedelsteinen, Gebetsfahnen, Mönchsbekleidung, Gebetsschals. Das Schöne an diesem Markt ist, das er nicht für die Touristen da ist, sondern das auch die Tibeter hier kaufen. Und diese Menschen haben solch eindrucksvolle Gesichter! Aus tiefen Runzeln lächelt einem eine alte Frau entgegen. Nomadenmädchen in wunderschönen Trachten kichern hinter vorgehaltener Hand über die Touristen oder über die Jungen in gleichem Alter. Von allen Seiten wird man gegrüsst. Die Leute sind sehr freundlich. Eine alte Frau sah meine Wasserflasche mit Sportverschluss. Nach ihren Gesten zu urteilen hatte sie so etwas noch nicht gesehen. Ich schenkte sie ihr und zeigte ihr, wie man damit umgeht. Auch die jungen Männer sind prachtvoll angezogen. Männer und Frauen tragen aufwändigen Haarschmuck.

Rund um den Jokhang-Tempel

Ein kleines Negativerlebnis hatten wir allerdings auch. Elfi wurde nämlich aus dem Inneren ihrer Tasche heraus das Portemonaie geklaut. Zum Glück war der enthaltene Betrag überschaubar und wir sperrten schnell die Kreditkarte. Ich hoffe mal der Schaden ist dabei geblieben.

Für Nachmittags war das Drepung-Kloster eingeplant. Dieses Kloster ist das Hauptkloster der sogenannte Gelupa- oder Gelbmützen-Sekte, zu der auch der Dalai Lama gehört (Hauptgegenspieler dieser Sekte oder Konfession ist die Rotmützensekte).
Unser local Guide war wohl der Meinung, wir könnten ein bißchen Bewegung gebrauchen, den er steuerte eine Bushaltestelle an, die ca. 1 Stunde zu Fuss entfernt war. So einige von uns fanden das gar nicht gut, da wir die Höhe merkten und sehr schnell ausser Atem kamen (immerhin habe ich später ausserhalb Tibets festgestellt, das meine Kondition doch nicht ganz so mies ist :-).
Das Kloster selber liegt unterhalb eines 5000er-Berges und geht von Treppe zu Treppe :-( steil hinan. Ich muß gestehen, das mir das ein bißchen viel war am ersten Tag auf einer Höhe von 3600 m und so blieb ich an einem kleinen Andenkenladen/Cafe zurück. Interessant waren die Solarkocher, die dort für warmes Teewasser sorgten. Wir haben so etwas ja auch schon mit den Erlösen unseres Eine-Welt-Ladens finanziert. Sie funktionierten recht gut, auch wenn das Wasser immer dann aufhörte zu kochen, wenn die Sonne wegging.

Drepung

Irgendwann ging ich dann den Weg zurück hinunter zum Eingang und hatte ein kleineres Gespräch mit einer Holländerin, die dort ebenfalls auf ihre Gruppe wartete und ähnlich schlechte Erfahrungen mit dem lokalen Guide gemacht hatte wie wir heute.
Bis der Rest der Gruppe zurück kam, war der letzte Bus abgefahren. Was nun? Traktor fahren. Genauer: Traktoren, mit einem festen Anhänger auf dem zwei Bänke festgeschraubt waren. Der fuhr uns hinunter bis zur Hauptstrasse, wo glücklicherweise ein Stadtbus mit der passenden Liniennummer stand, den wir enterten. Und der fuhr dann auch bis auf 100 m vors Hotel.

Nach einem schnellen Essen fiel ich erschöpft ins Bett.