Hebron und Betlehem

Wir warfen vom Ölberg aus einen letzten Blick auf die goldene Stadt – nächstes Jahr in Jerusalem ?!

Dann begann der wohl abenteuerlichste Teil der Reise – Aufbruch in die palästinensichen autonomen Gebiete.

In einem arabischen Bus steuerten wir Hebron an. Die Landschaft war karg und terassenförmig. Einmal erhaschte ich einen Blick auf eine verschleierte Frau auf einem Esel auf einer dieser Terassen. Falls Josef mit Maria nach Bethlehem gezogen ist, so wird es wohl ausgesehen haben.
Auffällig in Hebron war die hohe Militärpräsenz – auch wir bekamen – ob wir wollten oder nicht – Begleitschutz. Hebron war und ist in gewisser Weise immer noch ein Brennpunkt der Intifada. Zum Glück sahen wir keine steinewerfenden Jugendlichen sondern unter den Arabern eigentlich nur freundliche Gesichter.

Erste Station waren die Gräber der Patriarchen – Abraham, Sarah, Rebecca, Isaac, Jakob und Lea. An Rachels Grab  waren wir vorher schon vorbei gekommen. Seit dem Massaker unter betenden Moslems vor vier Jahren ist dieses Heilgtum unter Juden und Muslims durch Mauern getrennt, währen es davor eine gemeinsame Stätte gab. Wegen des muslimischen Mittagsgebetes besuchten wir zuerst den jüdischen Teil mit den Gräbern von Abraham und Sarah, Jakob und Lea. Oberirdisch sind sogenannte Kenotaphe (Scheingräber) zu sehen während die eigentlichen Gräber in der Höhle darunter liegen. Der jüdische Teil gleicht dem Lehrraum einer Synagoge, an orthodoxen Juden mit ihren Schläfenlocken vorbei gingen wir zu den Gräbern.

Danach besuchten wir den Basar, immer noch mit Begleitschutz – der sich auf einmal verflüchtigte, wir hatten es gar nicht mitbekommen. Um einiges exotischer als der Markt von Jerusalem ist der Markt in Hebron insbesondere hinsichtlich Fleisch und Viechern. Trotz des bunten Marktgetümkmels war die Stimmung der Gruppe doch recht aufmerksam und gespannt.

Als wir aus dem Markt heraus kamen trafen wir auf eine Gruppe von unabhängigen Beobachtern, die leicht an ihren Armbinden erkannbar waren. Einer von diesen, ein Student, sprach auch Deutsch, so daß wir uns mit ihm unterhalten konnten. Er erzählte, wie extrem die dortige jüdisch-nationalreligösen Siedler sind – entweder man ist für sie oder ein Nazi. Und was geschieht wenn Ausgangssperre herrscht – kein Araber darf auf die Straße aber die Siedler werfen die Marktstände um und die israelischen Soldaten greifen nicht ein.
Alles in allem ist es erstaunlich, daß die Araber so relativ ruhig sind.

Mittlerweile war das Mittagsgebet beendet, so daß wir in den moslemischen Teil der Patriarchengräber konnten – Schuhe aus und Schleier über. Wir bekamen einen englischsprachigen Führer. Die Moschee gefällt mir von der Einrichtung her besser als der jüdische Teil.

Gegenüber der Grabstätte befand sich eine palästinensische Töpferei, wo wir beim töpfern zusahen und auch etwas kaufen konnten. So erstand ich für Oma einen Wandteller und eine Hand der Fatima – die Glück bringen soll. Auch mir selber brachte ich eine mit.

Zur Mittagszeit fuhren wir nach Betlehem und besuchten nach einem Imbiß die Geburtskirche. Ähnlich wie die Grabeskirche sind auch hier mehrere Konfessionen vertreten, allerdings scheinen die Verhältnisse etwas einfacher zu sein als in Jerusalem. Man sieht die Krippe und die Geburtsgrotte. Es gibt eine Kapelle der unschuldigen Kinder und das Grab des Hieronimus.

In der Abendsonne stiegen wir hinauf zum Herodion, einer Palastfestung von Herodes dem Grossen – mit Swimmingpool – die von Bar Kochba während seines Aufstandes genutzt und modifiziert wurde.

Abendessen gab es im Hotel in Betlehem.

Der Tempelberg

Die Gruppe traf sich um neun am Damaskustor und lief zur Klagemauer (wo am Sabbat nicht fotografiert werden darf) und von dort aus den Weg hinauf zum Tempelberg. Vom Weg aus hat man einen Blick hinunter auf die Ausgrabung einer alten Strasse, auf deren Steinen mit hoher Sicherheit schon Jesus gegangen ist. Das Niveau von Strassen und Tempelberg war vor 2000 Jahren erheblich niedriger als heute.

Der Tempelberg ist am Tag nur kurze Zeit geöffnet (Freitags gar nicht) und im Gegensatz zu christlichen Heiligtümern muss man für den Felsendom und die Al Aqusa Moschee Eintritt zahlen (was in diesem Fall Studiosus für uns tat). Die Mosaike in beiden Gebäuden sind beeindruckend, aber so viel, wie in einer christlichen Kirche gibt es nicht zu sehen. Wir berührten im Felsendom den Stein, auf dem angeblich der Fußabdruck des Pferdes von Mohammed zu sehen ist. Der Felsendom ist übrigens keine Moschee. Er „überdacht“ nur den gerade erwähnten Stein, auf dem der Sage noch schon Abraham – je nach Lesart Isaak oder Ismael – opfern hatte wollen.
Wieder zurück auf dem Vorplatz erklärte uns Ulli, wie wohl der zweite Tempel ausgesehen hat. Dort, wo jetzt die Al Aksa Moschee steht, war früher das Haus der Geldwechsler und Opferverkäufer, wo Jesus aus Entrüstung darüber die Tische umwarf. Wo jetzt der Felsendom steht wird wohl der Tempel gestanden haben. Der zuletzt errichtete Tempel wurde übrigens von Herodes gebaut.
Der Felsendom erstrahlt fast in derselben Pracht, wie schon nach seiner Erbauung vor mehr als 1000 Jahren.

Barbara und ich aßen in der selben leckeren Falafelstube wie am Tag zuvor. Nachdem auch Barbara sich den Felsendom von innen angesehen hatte und nach einem kurzen Abstecher zum Herodestor, wo ich mir Ersatz für meine defekten Fotoapparat besorgte, wanderten wir zum Ölberg und besichtigen den Garten Gethsemane (die Olivenbäume sind allerdings „nur“! 1000, nicht 2000 Jahre alt) und die Kirche der Nationen, fotografierten den Tempelberg und trafen bei Dominus Flevit eine deutschen Franziskaner. Der Blick auf vom Ölberg auf die Altstadt ist schon beeindruckend.
Danach trugen uns unsere schweren Füsse zum Hotel. Abendessen gab es in einem hervorragenden italienischen Restaurant in der Neustadt.

Übrigens
Die Kerne des Johannisbrotbaumes wiegen genau 0,2 Gramm oder 1 Karat.

Die Grabeskirche und die Klagemauer

Der Morgen war zur freien Verfügung. Nach einem relativ späten Frühstück machten Barbara und ich uns zur Neustadt auf um Mitbringsel zu holen. Gegen Mittag trafen wir die Übrigen im Trubel des Damaskustores nach dem Freitagsgebet. Außen an der Stadtmauer entlang liefen wir bis zum Blumen- oder Herodestor und von dort aus auf die Via Dolorosa. Dort tobt genau wie vor 2000 Jahren das Basarleben. Dazwischen finden sich vereinzelte Pilgergruppen. In einem hervorragenden Falafelhaus assen wir Mittag: Houmous, Pita und Falafel – lecker.

Dann ging es weiter auf dem Kreuzweg langsam hinauf bis zum Dach (!) der Grabeskirche auf dem die Äthiopier ein Kloster haben und einen Pfefferbaum mit rotem Pfeffer. Durch die beiden Kapellen der Äthiopier (orthodox mit Iconostase) ging es hinunter in den Vorhof der Grabeskirche, der überragt wird von einem Minarett. Am Grab selber war gerade wenig Betrieb, so das wir es entgegen der üblichen Reihenfolge zuerst besuchten. Helge kannte „die Geschichte“ gar nicht, so dass ich ihm eine kurze Zusammenfassung gab. Das Grab selber – am Ort des Originalgrabes aber nicht mehr das Original selber – hat eine eigenartige, stille, keineswegs bedrückende Atmosphäre und man möchte länger dort verweilen. Aber die Schlange hinter einem ist lang – und – was sucht ihr den Lebenden bei den Toten.

Treppen führten in der Kirche hinauf nach Golgotha, ebenfalls innerhalb der Grabeskirche. Dort kann man die Stelle berühren, wo wahrscheinlich das Kreuz gestanden hat.
Über dies alles waren wohl alle tief beeindruckt aber auch sehr viele unwissend. Die Gesellschaft weiß scheint’s nicht mehr viel vom Christentum. Zu Meditation zu kommen ist in all dem Trubel auch recht schwer. Aber es ist schon so, dass die Grabeskirche der heiligste Ort ist, auch wenn Orte nicht das Allerwichtigste sind.

Vom heiligsten Ort der Christen liefen wir zum heute heiligsten Ort der Juden. Noch vor Sabbat-Beginn erreichten wir die Klagemauer, der Teil der Mauer des zweiten Tempels, der den Allerheilgsten am nächsten liegt. Männer und Frauen versammelten sich getrennt zum Beten. Viele Ultraorthodoxe mit Schläfenlocken und Pelzhut beteten dort. Für Christen eine eigenartig ungewohnte aber doch intensive Art der Verehrung Gottes.

Nach Sabbatbeginn (Fotografierverbot) kehrte wir zurück ins Hotel um nach einer Pause zu einem arabischen Hotel zum Essen zu gehen (dieses hätte eigentlich unser Wohnort sein sollen). Das Essen war aber nicht so toll. Draußen, bei Arak und Wasserpfeifen wurde es schnell ziemlich frisch.

Jerusalems Neustadt und Yad Vashem

Der Tag begann mit einem ausführlichem Blick auf die farbenprächtigen Chagall-Fenster des Hadassah-Krankenhauses. Diese Fenster der dortigen Synagoge stellen die zwölf Stämme Israels dar.

Die folgenden Stunden waren bedrückend, den wir besuchten Yad Vashem. Im Labyrinth der Gemeinden fand ich Neheim und Frankfurt. Die Tränen liegen dort überall nahe der Oberfläche. Insbesondere in der Kindergedenkstätte mit ihrem Meer von Kerzen, die im Raum zu schweben scheinen.

Aus der düsteren Stimmung riss uns der Markt heraus. Es duftete nach Obst, Fisch und Gewürzen mit einer riesigen Auswahl.

Nach einem kurzen Photostopp an der Knesseth ging es ins Israel-Museum. Im Shrine of the Book sind Teile der Qumran-Rollen ausgestellt sowie Fundstücke aus dem Bar Kochba Aufstand. Auch die Judaicasammlung ist beeindruckend, insbesondere drei Synagogeninnenräume aus Italien, Indien und Deutschland.

Abends gab es jemenitisches Essen.

In der Disco wollte ich allerdings nicht bleiben. Der Taxifahrer hieß mich als Deutsche willkommen in Israel.

Jericho und Jerusalem

Unser letzter Morgen im Kibuz Ginosar brach an. Mosche aus der Gründergeneration fuhr uns im einer Art Planwagen, der hinter einen Traktor gespannt war, durch das Gelände und erklärte die Lebensweise der Kibuzim.
Der Kibuz hat auch eine eigene Holocaust-Gedenkstätte aus Bahnschienen. In den Steinen dazwischen sind die Namen naher Verwandter eingraviert, die in den Lagern umkamen.

Nach dem Kofferpacken konnten wir noch einen Blick auf eine 2000 Jahre altes Boot werfen, das vor zehn Jahren zwischen dem Kibuz und Migdal (Magdala) gefunden worden war. Für sein Alter wirklich wunderbar erhalten – vielleicht ist schon Jesu Auge darauf gefallen. Die Aufregung der Kibuzim über den Fund kann ich aber auch so gut nachvollziehen.

Als wir das Gelände verliessen trafen gerade jede Menge israelischer Soldaten für eine Vereidigung ein.

Der nächste größere Halt war in Jericho im palästinensischen Autonomiegebiet. Die Mauern von Jericho hat man allerdings in dieser angeblich ältesten Stadt der Welt nicht wieder finden können. Dafür einen Turm, der jetzt unter der Oberfläche liegt und wahrscheinlich zur Mondverehrung diente. Um Jericho herum ist die Landschaft schon sehr trocken.

Nach Jerusalem kann man über die Autobahn oder über die alte Strasse durch das Wadi al Quelts kommen, was wir auch taten. Dort tun sich wahrhaft spektakuläre Ausblicke auf und wenn man aussteigt verfolgen einen arabische Händler.

Vorbei an Beduinenzelten und arabischen Dörfern näherten wir uns der heiligen Stadt, die von der Abendsonne in goldenes Licht getaucht wurde. An der Spitze des Ölbergs breitete sie sich dann auf ein Mal in ihrer vollen Schönheit vor uns aus, überragt von den Kuppeln des Felsendoms, der Al-Aksa-Moschee, sowie der Grabeskirche. Was für ein Anblick.

Unser Hotel ist das YMCA im Ostjerusalem mit sehr arabischem Flair. Im Lobbyrestaurant trafen wir Suliman der für die Friedrich-Naumann-Stiftung (FDP) arbeitet und selber Palästinenser ist. Er erzählte uns über die palästinensische Sicht des Friedensprozesses und wir konnten im Fragen stellen.

Zu Abend aßen wir in Ullis Lieblingsrestaurant in der Neustadt.