Drake Passage und Beagle Channel

Der zweite Seetag auf dem Rückweg. Es fühlt sich nicht so an, aber die Wellen sind höher.

Es war Monikas Geburtstag und wir gratulierten unserer hervorragenden Expeditionsleiterin alle von Herzen.

Einige von uns waren hatten draußen auf dem Seitendeck schon nasse Füße bekommen.

Gegen Zehn wurden schließlich die Türen zum Hauptdeck geschlossen, weil sonst Wasser reingekommen wären. Nach Draußen konnte man nur noch auf den oberen Decks. Es folgte Teil Zwei der Eis-Vorlesung von Rolf, diesmal über Gletscher. Gleich im Anschluss wurden wir von Monika über das Anlegen im Hafen informiert (es ging um das Trinkgeld und das wir erst mit OK vom Kapitän von Bord dürfen).

Kathrin packte vor dem Mittagessen, ich danach und ich brauchte recht lange. Ganz schön viel im Koffer, dabei hatte ich doch gar nicht so viele Souvenirs gekauft.

Am späten Nachmittag näherten sich langsam die Berge, die den Beagle Channel begrenzen. Land in Sicht.

In der Zwischenzeit war ich auf der Brücke gewesen. Dort kann man geschützt stehen und die Wellen nach Delfinen absuchen. Ich meine, kurz eine Rückenfinne zweimal gesehen zu haben. Andere sahen kurz etwas springen. Eine ganze Zeit unterhielten Irene und ich uns mit Oleg, dem ersten Maat. Er erzählte vom Leben an Bord und dass er sechs Monate ohne Pause am Stück arbeitet und täglich zwei Schichten zwischen Vier und Acht hat.

Gegen halb Sechs waren wir wieder in ruhigerem Wasser angekommen. Hier mussten wir auf unseren Lotsen warten, der uns durch den Beagle Channel nach Ushuaia zurück begleiten sollte. Daher wurden Führungen im Maschinenraum angesetzt. Ganz schön laut!

Vor dem Abendessen hieß es dann noch, die Schiffsrechnung zu begleichen. Sie hielt sich zum Glück in Grenzen.Abends gab es Geburtstagskuchen als Nachtisch. Monika bekam von uns Passagieren Ersttagsausgaben der Stationen sowie ein von allen unterschriebenes Blatt mit Photos von Passagieren und Besatzung. Später überbrachte der Kapitän noch das Geschenk der Crew: Einen von allen unterschriebenen Rettungsring mit Schiffsnamen auf der einen und „Happy Birthday“ auf der anderen Seite. Monika verlässt das Schiff mit dieser Tour und wechselt auf das Schwesterschiff. Und ich glaube sie wird auf der Mikheev vermisst werden.

Drake Passage

Der erste Seetag auf dem Rückweg. Die Nacht war nur wenig schaukelig. Morgens beschloss ich auch ohne Tablette nicht seekrank zu werden und es klappte.

Draußen verfolgten wieder Vögel das Schiff und ich verbrachte immer wieder Zeit damit sie vom Seitendeck zu beobachten.

Das Bordprogramm bot die Gelegenheit, das eigene Wissen weiter zu vervollständigen:

Nach dem Frühstück gab es Teil Zwei der Geschichtslektion, diesmal über die „Heroische Ära“. Nicht nur Shakeltons Expedition erregte Aufsehen. Ähnliche spannend verlief auch die Belgica-Expedition. Die Vorlesung über Eis lies ich sausen, weil mir im Dining Room seltsamerweise flauer ist als anderswo. Nach dem Mittagessen hielt Arjen noch einen Vortrag über Adaptionsstrategien.

Nachmittags wurde drinnen für Weihnachten geschmückt und es spielten ein paar ziemlich schmalzige Weihnachtslieder auf der Bar-Anlage. Ich schaffte es, mal wieder ein bisschen zu lesen.

Abends gab es “Alexander“ von Oliver Stone im Bordkino (dh. auf dem Fernseher im Dining Room) aber nach einem ersten Blick schenkte ich mir die Machtspiele und ging zu Bett.

Mamas Geburtstag, Port Lockroy und eine Abschiedstour mit den Zodiacs vor der Drake Passage

Unser letzter Tag in der Antarktis. Ich will nicht weg, es ist so schön hier!

Die Gezeiten hatte das Packeis zwischen der Mikheev und Port Lockroy ein wenig an die Seite geschoben, so dass wir geraden Weges mit den Zodiacs zur südlichsten Poststation der Welt fahren konnten. Die Besatzung von drei Leuten war gerade erst zwei Tage vor Ort und verkaufte auch Souvenirs: Briefmarken und Stempel. Wir kauften Mützen und T-Shirts und Lesezeichen und Schlüsselanhänger. Und wenn keine Touristen da sind, erforschen sie die Pinguine und noch einiges anderes.

Wir besichtigten die alten Stationsgebäude mit einer Möblierung, die das Leben in den fünfziger Jahren zeigt. Man stelle sich vor, dass in dieser kargen Einrichtung die Bewohner zweieinhalb Jahre bleiben mussten. Da gehört schon viel Enthusiasmus dazu.

Draußen wärmte die Sonne genug für einen kleinen Sonnenbrand. Vor der Station brüteten Eselspinguine, viele sogar mit zwei Eiern. Und … es gab das erste Küken! Mama oder Papa – das sieht man den Pinguinen nicht an, fütterte stolz das Kleine und beugte sich immer wieder liebevoll zu ihm runter.

Auch das zweite Ei im Gelege wurde gerade von Innen aufgepickt.

Bei einem weiteren Pinguinpärchen würde es bestimmt nicht mehr lange dauern.

Schließlich ließ ich mich am Strand auf einem Findling nieder und schaute den Pinguinen beim schwimmen zu.

Als wir aufbrechen wollten, hatte sich direkt neben dem Weg zum Zodiac eine Skua gestellt und schaute uns zu. Dann nutzte sie eine kleine Lücke zwischen uns und baute sich mitten auf dem Weg auf. Nun, Skuas sind aggressive Raubmöven und die kann man nicht einfach verscheuchen ohne dass sie einen gleich angreifen. Gar nicht so einfach, an dem frechen Vogel vorbei zu den Booten zu kommen.Durch das Packeis zurück fuhr die Mikheev langsam wieder Richtung Drake Passage. Immer noch bei schönstem Wetter. Was für eine Reise! Ich versuchte, Mama mit dem Satellitentelefon zu erreichen, aber ich hörte nur ihre Stimme, sie mich aber nicht. Das lag wohl an den umgebenden Bergen. Der Versuch am Abend gelang besser und ich konnte sie herzlich zum Geburtstag beglückwünschen und ihr mit begeisterter Stimme mitteilen, was für eine wunderschöne Reise dies sei.Für halb vier am Nachmittag wurde wider Erwarten noch eine abschließende Zodiac-Cruise an den Melchior-Inseln angesetzt. Bis dahin blieb aber noch etwas Zeit. So ging ich rauf in die Kabine um Photos zu sortieren. Da kam der Ruf „Wale“ über den Schiffslautsprecher. Ich packte Kamera und Jacke und rannte Kathrin hinterher nach draußen. Und e s w a r e n Buckelwale!

Zwei Stück auch wenn ich erst glaubte es wären viel viel mehr. Und sie kamen immer näher. Wahnsinn! Immer wieder sah man die Blasen auf dem Wasser, kurz bevor die beiden Wale mit einem deutlich hör- und sichtbaren Blas auftauchten. Nicht weit von dem riesigen Nasenloch kam dann die Rückenfinne an die Oberfläche und nach ein zwei Mal tauchen an der Oberfläche dann die Fluke.

Es hörte gar nicht auf.

Kein Wunder: Die Zodiac-Tour verschob sich um mehr als eine Stunde. Auf dem Zodiac hatte ich kaum Blick für die letzten Pinguine, die Robben und Eisberge zwischen den eisbedeckten Inseln. Antarktis in der Nussschale,

aber ich hoffte immer noch auf einen Blick auf die Wale. Aber es waren keine da.

Dafür sahen wir einen Seeleoparden neben drei oder vier Crabeatern. Wir kamen bis auf zwei Meter ran an das Raubtier und es zeigte beeindruckende Zahnreihen (beim Gähnen).

Und dann der krönende Abschluss: Auf einmal in 100 m Entfernung entdeckte doch noch eine Walrücken. Also mit dem Zodiac hinterher. Schließlich stoppte Monika uns. Und dann kam die Fluke in vielleicht 10 m Entfernung. Als ob er zu unserem Abschied von der Antarktis winken würde.Und während wir zu Abend aßen fuhr das Schiff wieder in die Drake Passage.

Drake Passage, Robert Point und Greenwich Island

Ich wachte verschwitzt und mit leichten Rückenschmerzen auf. Eine Decke hätte wohl doch gereicht. Kathrin fühlt sich immer noch wie bei einer kommenden Erkältung.

Aber die Nacht war viel angenehmer als die vorhergehende. Die Drake Passage meinte es wirklich gut mit uns.

Irgendwann am frühen Morgen hatten wir den sechzigsten südlichen Breitengrad überfahren. Dort beginnt das Gebiet des Antarktisvertrages. Dieser Vertrag stellt sicher, dass im zugehörigen Gebiet weder Bodenschätze ausgebeutet noch Tiere gefangen werden dürfen. Durch diesen Vertrag ruhen außerdem die Gebietsansprüche vieler Länder auf die Antarktis. Es beeindruckt mich und macht mir Hoffnung, dass sich die Länder der Welt bei all ihren Streitigkeiten auf so etwas einigen können.

Ebenfalls an diesem Morgen hatten wir die antarktische Konvergenz überfahren – die Trennlinie zwischen Atlantik bzw. Pazifik und dem antarktischen Ozean. Hier ist das Wasser viel kälter und auch die Temperaturen waren spürbar näher am Gefrierpunkt. Ein Blick nach draußen bestätigte das. Schnee und Nebel beschränkten die Sicht. Dafür begleiteten jetzt viel mehr Vögel als Gestern das Schiff (u. a. Cape Petrel und Giant Petrels).

Die anderen sahen auch immer wieder springende Pinguine, aber auf dem Auge war ich irgendwie blind.

Weil es so gut passte, hielt Arjen am Vormittag einen Vortrag über Seevögel.

Nach einer kurzen Pause erklärte uns Monika noch wie man in einen Zodiac steigt und wie man sich im „Pinguinland“ verhalten sollte. Denn die Pinguine sind die eigentlichen Bewohner dieser Gegend, die Menschen sind nur Gäste. Also sollte man die Strassen der Pinguine – im Schnee mühsam niedergetreten von vielen kleinen Füßen – nicht durch Stiefellöcher zerstören. Auch sollte man Abstand halten. Pinguine sind neugierig genug und kommen schon von selber näher. Ach ja, und Seeleoparden (aber auch harmlosere Robben) sind nicht zum streicheln da.

Nach dem Mittagessen stand ich alleine draußen an Deck neben dem Ausgang und sah (!!!) den ersten Eisberg. Natürlich klopfte ich sofort am Bullauge der Bar. Als der erste (Lak) rauskommt, schwappt eine Riesenwelle eiskalten Meereswassers über die Reling und Schuhe und Hose. Brrr. Immerhin konnte ich noch ein Foto schießen.

Mein erster Eisberg
Mein erster Eisberg

Bis ich mich umgezogen hatte war der Eisberg wieder weg. Aber nach und nach tauchten weitere Eisberge aus dem Grau des Nebels auf und schließlich die ersten Felsen: South Shetland Islands.Die Mikheev fuhr in den English Channel hinein, zwischen Robert Island und Greenwich Island.

Wir hatten die Drake Passage so schnell hinter uns gebracht, dass keine Zeit mehr blieb für Monikas Vortrag über Eis. Denn um halb Fünf bestiegen wir die Zodiacs für den ersten Landgang – oder so dachten wir. Ich war im zweiten Zodiac und im letzten, das rausging. Wir gingen aber nicht an Land (Robert Point), denn das Wasser war viel zu tief und die Brandung am Strand viel zu heftig. So sahen wir nur vom Boot aus am Ufer unsere ersten Eselspinguinen und Crabeater.

Eselspinguine und Wedellrobben an Robert Point
Eselspinguine und Wedellrobben an Robert Point

Da das Wetter nicht sehr stabil aussah wurden wir fast sofort wieder vom Kapitän zur Mikheev zurückgerufen.

Aber wir bekamen eine zweite Chance für einen Landgang:

Das Abendessen wurde vorgezogen und wir fuhren währenddessen ein Stückchen zurück nach Greenwich Island. Dort befindet sich die zur Zeit verlassene chilenische Station „Arturo Pratt“ in einer ruhigen Bucht und hier konnten wirklich alle an Land gefahren werden..
Ich – uups – vergaß die Rettungsweste. Aber scheint’s merkte es keiner.

So setze ich meinen Fuß zum ersten Mal auf antarktische Inselerde, an 62,29 Grad südlicher Breite und 59,40 Grad westlicher Länge.

Die Sonne schien!

Und wir sahen unsere ersten Eselspinguine. Da alle sich darauf stürzten folgte ich dem Strand in die andere Richtung und wurde mit Crabeater-Robben aus nächster Nähe belohnt. Skuas brüteten auf ein paar Steinen mitten im Schnee, so dass ich sie großzügig umgehen musste, um zu einem Kreuz mit Gedenksteinen und Walknochen zu gelangen. Nicht weit davon putzte ein Pärchen Zügelpinguine das Gefieder.

Die Krönung des Abends: zum Dessert gab es dann Buckelwale. Darauf hatte ich mein Leben lang gewartet. Und weil wir vorher gewettet hatten, ob wir zuerst Orcas oder Buckelwale sehen würden, gab mir Kathrin einen Kaffee aus.

Ein Buckelwal
Ein Buckelwal

Den Buckelwal gab es auch einmal kurz mit Blick auf den Unterkiefer. Ich meine, wir haben sogar die Zunge gesehen.Die Bucht in der wir Abends lagen, war absolut still. Sogar der Motor war aus. Die Stille reflektierte vom umgebenden Eis. Die Sonne ging orange und golden hinter der Insel unter. Der Gipfel der Insel blieb jedoch die ganze Zeit im Nebel. Dass eine Ende der Insel sah aus wie eine riesige Wolke.

Wenn das Wetter in den nächsten Tage so bleiben würde, das würde traumhaft schön.

Drake Passage

Laut Ellen und Rolf war dies eine harmlose Nacht für die Drake Passage. Nun ja, ich hoffte nur, dass die noch anstehenden drei Nächte auf Hin- und Rückfahrt ähnlich harmlos bleiben würden. Beim Aufstehen war ich mir auf jeden Fall unsicher, ob ich überhaupt heute an Deck gehen sollte (Habe ich natürlich doch gemacht, war auch gar nicht so schlimm).

Das Frühstück aß ich trotzdem mit Appetit. Es gab Frühstücksbüffet mit Müsli und Cornflakes und frisch gebackenem Brot.

Mit gut gefülltem Magen versuchte ich dem ersten Vortrag zu folgen. Es war ein Geologievortrag über Plattentektonik. Lag es am vollen Magen oder an der durchwachten Nacht. An Rolf jedenfalls – der den Vortrag hielt – lag es nicht, dass ich fast einschlief. Nach dem Mittagessen legte ich mich daher lieber noch mal ins Bett. Danach war es mir doch etwas flau. Aber das gab sich, als ich rausging.

Nachmittags beobachteten wir vor, während und nach den wissenschaftlichen Vorträgen bei strahlend blauem Himmel die Albatrosse und Sturmvögel, die auf dem Verwirbelungen hinter dem Schiff surften.

Nachmittags folgte ein weiterer Vortrag, diesmal über die frühe Entdeckungsgeschichte der Antarktis und gehalten von Monika.
Schon die alten Griechen wussten von der Arktis und davon, dass die Erde eine Kugel ist. Bis in die Antarktis waren sie aber nicht vorgedrungen. Aber sie folgerten, dass auch am anderen Ende der Erde ein Kontinent sein müsste – sozusagen um das Gleichgewicht zu halten.

Die Antarktis selber wurde aber erst im Neunzehnten Jahrhundert entdeckt, dann aber richtig. Viele kennen die Geschichte von Shakelton, aber er war nicht der einzige, der sich nach einem Schiffsbruch durch Wellen und Meer zurück in bewohnte Gebiete durchschlagen musste.

Gleich im Anschluss an diese sehr interessanten Geschichten hörten wir noch Teil 2 des Geologie-Vortrages – „Plattentektonik der Antarktis“.Gegen Sechs wurde es draußen empfindlich kalt, so dass Kathrin und ich das Warme aufsuchten. Schon kurz nach dem Essen legte ich mich schlafen. Mir war im Bett so kalt, das mir eine zweite Decke holte (das russische Zimmermädchen verwechselte „pillow“ mit „blanket“). Außerdem musste ich – ausgerechnet – beim Schlucken der Seekrankheitstabletten spucken. Im Nachhinein war das aber der schlimmste Effekt der Schaukelei.

Auch Kathrin ging früh schlafen, sie fühlte sich nicht so gut. Da war eine Erkältung im Anflug.