Kaiserpaläste und der Platz des himmlischen Friedens

Hinter dem Hotel war ein kleiner Hafen, in dem die Bürger Beijings morgens schwimmen gehen. Und am Ufer machten sie Gymnastik oder Tai Chi. Das mußten wir uns natürlich näher ansehen. Und einige machten auch mit.

Über dem Eingang zur verbotenen Stadt empfing uns nach dem Frühstück Maos Bild. Hier hatte er 1949 die Republik ausgerufen. Der Kaiserpalast selber ist eine Aneinanderreihung von Torhäusern. Je weiter man nach hinten kommt, desto privater waren diese. Im vorletzten Haus wohnte der Kaiser selber, im letzten Haus die Kaiserin und die Konkubinen. Abgeschlossen wird das ganze durch einen chinesischen Garten.
Sehr empfehlenswert ist der Audioguide (auf Englisch mit der Stimme von Roger Moore), durch den man einiges besser versteht. Er bewirkt auch, das man die Massen, die sich durch den Palast schieben nicht mehr ganz so wahrnimmt. Es ist ziemlich voll. Und die Architektur kann man nur imperial nennen. Aber der ganze Komplex war eigentlich ein goldener Käfig. Vom Leben drumherum hat der Kaiser sicherlich fast nichts mitbekommen.

Dieser Morgen bescherte uns die erste nähere Erfahrung mit dem Verkehr in China – in Form einer Taxifahrt. Rot und Grün gibt es zwar, aber eigentlich werden diese Ampelfarben kaum beachtet. Alles schlängelt sich irgendwie durch und aneinander vorbei. Seltsamerweise haben die Autos kaum Schrammen. Aber man kann ja auch im Stau nicht schnell fahren und hupt viel um irgendjemand zu warnen.
Ein Taxi zu mieten ist für europäische Verhältnisse eine günstige Investition. Dafür kann man in Frankfurt nicht zu viert U-Bahn fahren.

Nachmittags ging es per Boot vom Hafen hinter dem Hotel zum Sommerpalast, dem ehemaligen Sommersitz des Kaisers. Es ist eine riesige fast englische Parkanlage an einem See, auf dem Dschunken kreuzen. Hier kann man herrlich spazierengehen. Es gibt viele kleine Gärtchen, Torbögen und Lotusblumen.

Auf dem Speiseplan des Abends – wir sind ja schließlich in Beijing – stand Pekingente. Die – immerhin schon gerupfte – Ente wurde uns vor dem Kochen vorgeführt. Kaum eine halbe Stunde später wurde sie goldbraun gebraten vor den Tisch gefahren und tranchiert. Sah köstlich aus, war aber eine ziemlich fettige Angelegenheit. Als Vorspeise hätte man übrigens Skorpion haben können. Hat aber dann doch keiner bestellt. Komisch …

Den Abend beschloss ich mit Rudi und Heidi am Tiena’men, dem sogenannten „Platz des himmlischen Friedens“. Der Platz war auch zur späten Stunde noch ziemlich belebt. Pärchen gingen spazieren und im herbstlichen Abendwind wehten die Drachen und blinkten im Dunkeln. Für uns – mit dem Wissen über das Massaker 1989 – war das ein Anblick mit gemischten Gefühlen.

Jade, Minggräber, die chinesische Mauer und TCM

Das Hotelfrühstück war grösstenteils kontinental, gemischt mit ein paar chinesischen Nudeln. So kann man die Essensumstellung (die sich schon im Magen bemerkbar macht) langsam angehen.

Heute war eine Tour mit Werner (Chinese!), unserem Guide von CITS, angesagt.

Wir besuchten zuerst eine Jadefabrik, Dort wurde uns der Herstellungsprozess von Jadeschmuck vorgeführt (gekauft hat aber keiner was).

Nächste Station waren die Ming-Gräber. Dies ist eine Grabanlage mit 13 Kaisergräbern aus der (?!) Mingdynastie. Eingang zu diesem einmal für das normale Volk unter Todesstrafe verbotenenem Grabareal ist die heilige Straße, eine Prozessionsallee, die von Tieren, Beamten und Fabelwesen aus Stein gesäumt wird.

Minggräber

Nur eines der Gräber ist bisher geöffnet und zugänglich. Es hat aber keineswegs die Pracht, wie man sie z.B. aus Ägypten kennt. Stattdessen ist es gross und kalt und leer. Mir war nicht ganz klar, ob das nur an der Präsentation liegt oder aber an der damaligen Jenseitsvorstellung.
Interessanter fand ich das Museum mit den Grabbeigaben. Siegfried ist Goldschmied und konnte einiges zur Qualität des dort ausgestellten Kunsthandwerks erzählen. Wir waren beeindruckt.

Über Mittag besichtigten wir eine Cloisonne-Fabrik. Hier werden emaillierte Kupfergegenstände hergestellt, in einem sehr aufwändigen vielfach wiederholten Brennvorgang. Das Ergebnis war für meine Augen eher chinesisch kitschig, aber es gab vereinzelt sehr schöne Stücke dazwischen.
Ich hoffe nur nicht, das sich in den nächsten Tagen Fabrikbesuch an Fabrikbesuch reiht.

Jetzt stand der erste Höhepunkt unserer Chinareise an: Die grosse Mauer. Auf chinesisch eigentlich die „lange“ Mauer. In der Nähe von Beijing sind lange Teile dieses über 5000 km langen Bauwerks restauriert und man kann sie besteigen. Man hat einen guten Blick auf die umliegenden Landschaft.

Chinesische Mauer

Sehr interessant ist es, die Menschen beim Hinaufsteigen zu beobachten: Die Kinder scheinen problemlos hinaufzulaufen. Alte Ehepaare um die 80 erfüllen sich einen Lebenstraum und strahlen trotz der Mühen auf den steilen Stufen über das ganze Gesicht.
Und eine Schüler-Bigband auf Austausch aus Deutschland verursachte einen kleinen Auflauf.

Letzter Programmpunkt dieses angefüllten Tages war der Besuch einer Klinik für traditionell chinesische Medizin. Dort konnte man sich den Puls fühlen lassen (eigentlich die Pulse, denn es gibt mehr als einen). Die Diagnose war allerdings eher vorhersehbar, fast jedem wurde empfohlen weniger fettreich zu essen. Sehr erholsam nach den Anstrengungen des Tages war dann die anschliessende Rücken- und Fussmassage.

Der Tag endete in einer grossen Runde bei einem köstlichen chinesischen Essen.

Lamatempel und Konfuziustempel in Beijing

Der Tag begann um Mitternacht (sechs Uhr chinesischer Zeit) mit einem Geburtstagsständchen für Gudrun.
Ähnlich erfreulich ging es weiter. Die Passkontrolle und der Zoll waren echt harmlos, nach einer viertel Stunde war die ganze Gruppe auf chinesischem Hoheitsgebiet. Ich glaube, für die USA braucht man zur Zeit länger.
Vor dem Ausgang wartete schon Hui Zhang, unsere Reisebegleiterin, auf uns. Sie ist 31 Jahre, Chinesin (wie der Name vermuten läßt :-) und studiert Volkswirtschaftslehre in Köln. Und macht einen netten Eindruck.
Begleitet wurde sie von unserem offiziellen Guide von CITS, der chinesischen Agentur.

Im Hotel waren die Zimmer noch nicht fertig. Also holten wir unser letztes Gruppenmitglied, Hendrick, der schon am Vortag aus Indien angekommen war, aus seinem Zimmer. Dann besprachen wir erstmal das Programm der nächsten Tage. Der junge Herr von CITS hatte da ziemlich enge Vorstellungen, die ihm kurzfristig ausgetrieben wurden: für die verbotene Stadt braucht man wohl etwas mehr Energie als an diesem ersten Tag nach einer Nacht ohne Schlaf und einer Zeitumstellung von 6 Stunden noch vorhanden war.
Wir einigten uns stattdessen auf den Lama- und Konfuziustempel.

Aber erstmal kurz zur Reisegruppe. Vier Leute habe ich ja schon erwähnt. Da wäre Elfi aus Berlin, 67 Jahre, australienerfahren und meistens gut drauf. Dann Gudrun, von der ich trotz Geburtstagsständchen das Alter nicht kenne, aber sie ist auf jeden Fall Lehrerin im Ruhestand und findet immer alles super. Hendrick ist das „Kücken“ der Truppe mit 31 Jahren und war vorher 8 Wochen Backpacking durch Indien. Mich übergehe ich jetzt mal kurz. Siegfried und Heinz sind auch schon ein bißchen ältere Semester und schon Himalayaerfahren und sehen mit ihren Bärten auch so aus. Heidi und Rudi sind ein Ehepaar gerade in Rente und vom Reisefieber befallen. Monika kommt aus Steinbach in der Nähe von Bad Homburg und ist 48 Jahre alt. Und Klaus ist Frührentner und war vor Jahren einmal mit einer Oldtimerrallye in China.
Leider keiner genau in meiner Altersklasse, aber wie so oft auf solchen Reisen macht man die Erfahrung, das man nicht nach dem Alter gehen darf.

Nachdem gegen Mittag die Zimmer frei waren, machten wir uns frisch und gingen dann, mittlerweile wieder etwas wacher geworden, Richtung U-Bahn. Die Station war ca. 10 Minuten vom Hotel entfernt. Um die Mittagszeit war es relativ leer. Wir sind in den Tagen danach auch mal zur Hauptzeit morgens und abends gefahren und da war es ziemlich voll. So aber hatten wir nach kurzer Zeit schon ein paar Sitzplätze.

Aber so lange dauerte die Fahrt zum Lamatempel auch nicht. Der Lamatempel ist ein Tempel des tibetischen Buddhismus, und zwar der gelben Abteilung (dazu vermutlich mehr wenn ich in Tibet bin). Ein Tor reiht sich hinter das nächste, jeweils verschiedenen Aspekten des Buddha gewidmet. Alles ist sehr farbenfroh (bei uns würde man es kitschig nennen, aber westliche Werte gelten hier nicht). Es duftet nach Räucherstäbchen. Vor den einzelnen Tempeln knieen Chinesen und beten. Auch Mönche sind vereinzelt zu sehen. Wirklich momumental ist der Buddha im letzten der Tempeltore. Er ist 18 Meter hoch und war (ist das eigentlich wichtig bei einem religiösen Monument? Oder warum finden es Chinesen wichtig? Oder Buddhisten?) schon im Guiness-Buch.

Lamatempel

Mittlerweile war es Mittag geworden. Gleich um die Ecke vom Tempel gingen wir in ein chinesiches Restaurant zu unserem ersten original chinesischem Essen. Das ist eine gesellige Angelegenheit. Jeder sucht etwas aus und dann wird es in die Mitte auf eine drehbare Platte gelegt. Und jeder nimmt von allem und teilt mit allen. So wie ich es mag!

Fast gegenüber dem Lamatempel liegt der Tempel des Konfuzius. Er ist im eigentlichen Sinne keiner Religion geweiht, sondern einer Philosophie, die auch heute noch die chinesische Gesellschaft grundlegend prägt. Im Laufe der Zeit hat sich das ganze dann in eine Religion gewandelt, vor allem über das Kaiserhaus. Auch heute noch finden regelmässig Zeremonien statt.
Die Anlage ist sehr ruhig in einer Seitenstrasse gelegen. Durch die Tore und Tempel hallen chinesisch orientalische Flötentöne, erzeugt von einer Flöte, die wie ein Ei geformt ist. Und gelegentlich kann sich ein Tourist nicht zurückhalten, und muß eine der typisch chinesichen Fahrradklingeln ausprobieren :-).

Konfuziustempel

Gegen 17 Uhr waren wir zurück. Rechtschaffen müde fiel ich ins Bett und schlief bis zum nächsten Tag durch.

Cheung Chau

Nach dem Frühstück checkte ich aus und ließ mein Gepäck im Hotel zurück.

Um zehn Uhr nahm ich die Fähre nach Cheung Chau. Die einstündige Überfahrt verbrachte ich auf dem Sonnendeck

Cheung Chau gehört zum Territorium Hong Kongs uns ist eine autolose Insel mit einigen Badestränden und relativ ursprünglichem chinesischem Leben. Ich folgte den von der Hong Kong Tourist Association vorgeschlagenen Pfaden und sah mir den Tempel,

die Dorfgassen

sowie die Peak Road an.

Hinterland

Die Peak Road wird als das Nobelviertel ausgeschrieben, hat aber auch einen Teil, der näher an einen Slum herankommt, als alles andere, was ich bisher gesehen habe, mit Wellblechhütten und ähnlichem.

Außerdem sind dort Friedhöfe zu finden. Die Toten haben von ihrem Photo auf dem Stein aus alle Meerblick.

Gegen halb drei nahm ich die Dorffähre zurück zum Inselhafen. Diese Fähre dient gleichzeitig auch als Lasttaxi. Wir Passagiere teilten uns den Platz mit Reissäcken.

Dann nahm ich die nächste Fähre nach Hong Kong zurück, fuhr mit der Jordan-Ferry bis zur Jordan-Street und lief von da aus zurück zum Hotel. Mein versammeltes Gepäck verfrachtete ich in ein Taxi, das mich dann zum Flughafen brachte. Nach dem Check In hatte ich dann zwar noch jede Menge Zeit, aber immerhin war der Flughafen relativ kühl, wenn auch Getränkedosen schwer zu finden waren.

Um elf Abends ging der Flug nach Frankfurt. Ich hatte einen Sitz am Fenster und die Sitze neben mir waren frei, so dass ich mich zum Schlafen hinlegen konnte.