Zwischen Asien und Europa

Abreisetag.

Die Zeit ist wieder einmal wie im Flug vergangen. Aber ich habe noch Zeit, bis heute Abend um fünf und ich finde das herrlich. Und daher habe ich eine Bosporusfahrt gebucht. Ich stehe um Viertel vor Sieben auf, packe die letzten Sachen und bin inklusive Frühstück und Checkout rechtzeitig um halb neun unten in der Lobby.

Diesmal gibt es wirklich eine Fahrt, der Bus hält vor der Tür, macht noch einen kurzen Zwischenstop zwischen Yeni-Moschee und ägyptischem Basar (was mir die Möglichkeit für die folgenden beiden Photos bietet)


und fährt dann über die Galata-Brücke hinüber zum Anleger, wo wir uns einschiffen. Es ist kühl und ich bin froh um meinen Windbreaker.  In aller Ruhe schippern wir zwischen Asien und Europa herum, unter den Bosporusbrücken durch, vorbei am Dolmabahce-Palast und einem Fünf-Sterne-Hotel, an Moscheen und einer Burg und an vielen Holzvillen auf dem gegenüberliegenden Ufer. Bis zurück ins goldene Horn. Einfach mal mitfahren!

Als einzige Teilnehmerin der Halbtagstour (in sofern fast wieder eine Solotour, aber eben nicht alleine) verlasse ich dann den Bus vor dem nächsten Teppichgeschäft in das die anderen hinein geschleust werden und suche mir stattdessen ein nettes Restaurant im Schatten. Erst um zwei muss ich im Hotel sein.

Nein, nicht für den Abflug, jetzt geht es zu meinem letzten türkischen Abtenteuer. Ich hatte Oya, die Dame am Frühstücksbüffet angesprochen, ob sie mir einen Frisör empfehlen kann und sie meinte „Ok, kommen Sie doch einfach mit, ich bringen Sie zu Meinem, wenn ich Mittags Schluss mache“. Ich ging mit ihr zusammen Richtung großem Basar, aber schon gegenüber einer Moschee bogen wir links ab und folgten der Straße hinunter bis zum Ende. Sie zeigte kurz auf das Fenster einer Erdgeschosswohnung „Da wohne ich“, bevor sie schräg gegenüber zu einem Frisör im Souterrain ging, ich hinterher. Sie übersetzte meine Wünsche, Mustafa, mein vielleicht 19jähriger Frisör meinte er könnte nur „just a little bit“ Englisch und zeigte mit den Fingern wie wenig. Und dann nahm er sich meine Haare vor. Ich muss sagen, mit dem Ergebnis bin ich zufrieden.

Oya lud mich anschließend noch zu sich in ihre Wohnung ein und wir schwatzten bis bald um vier und tranken Tee und Wasser mit Zitrone. Oya dürfte in etwa in meinem Alter sein, vielleicht ein bisschen jünger. Sie hat lange Jahre in ihrer Kindheit und Jugend in der Schweiz gelebt und hat einen astreinen schweizerischen Akzent. Dann ist sie mit ihrer Mutter zurückgekehrt nach Istanbul. Ihre Familie ist über ganz Europa verstreut. Mittlerweile ist Oya verheiratet und lebt mit ihrem Mann, einem Wellensittich und ein paar Fischen in der kleinen Wohnung in Sultanahmet. Die Katze ist letzte Woche fortgelaufen.
Oya erzählt davon, dass sie manchmal nicht weiß, ob sie sich als Schweizerin oder als Türkin fühlen soll, denn sie erinnert sich gerne an die Zeit in der Schweiz zurück. Hier in Sultanahmet hat sie auch schon für einen Teppichhändler gearbeitet (der uns auf dem Hinweg prompt abfing, aber ich mußte ja zum Frisör :-)). Jetzt, im Hotel gefällt es ihr besser. Derzeit macht sie einen Computerkurs.
Oya hat auch schon in anderen Teilen Istanbuls gewohnt und sagt, jedes sei deutlich anders. Hier, wo sie jetzt wohnt, sind die Leute recht konservativ und die Frauen in der Moschee meinen, sie solle doch einmal ein Kopftuch probieren, aber Oya wüsste nicht warum.
In Ermangelung eines Gastgeschenks machte ich ein Porträt von ihr, dass ich ihr zusammen mit einem kleinen Reisebericht in Fotoform zuschicken werde.

Um vier laufe ich zurück Richtung Hotel. Der Portier hat auf meinen Koffer und auf meinen Rucksack aufgepasst und ich hole sie aus ihrer Ecke hervor. Zeit, die letzten Karten zu adressieren. Er nimmt sie mir ab und verspricht sie zu verschicken. Dann warte ich auf meinen Transfer. Es ist fünf. OK, so ganz pünktlich muss er ja nicht sein. Es ist viertel nach fünf. Der Portier meint, ob er mal beim Transportunternehmen anrufen soll. Die Visitenkarte hatte ich mal wieder im Vertrauen auf die Menschheit schon im Koffer vertauscht. Zum Glück weiß ich wo. Um kurz nach halb steht dann doch ein Fahrer vor der Hoteltür. Und es wird knapp. Dicker Stau auf den Autobahnen – Freitagnachmittag in Istanbul. Dann eine endlose Schlange am Check-In-Schalter von Turkish Airlines. Mein Schutzengel legt anscheinend gerade einen Zahn zu, denn auf einmal werden weitere Schalter aufgemacht. Ich habe noch einen viertel Stunde bis zum Abflug. Die Schlange vor dem Passschalter ist mindestens genauso lang. Auch dort werden auf einmal weitere Schalter aufgemacht. Und ich schaffe es auf die Minute durch die endlosen Gänge zu meinem Flugzeug am letzten Gate anzukommen.

Wir fliegen in den Sonnenuntergang. Der Mond geht unter mir auf.

Frankfurt, schön wieder da zu sein.

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Topkapi, der große Basar und ein Blick vom Galata-Turm

Der Palast öffnet um neun und ich bin rechtzeitig an der Kasse. 20 türkische Lira kostet der Eintritt. Der Mann an der Kasse sagt, man können fotografieren. Gestern im Dolmabahce-Palast hatte das nämlich 6 Lira extra gekostet, deswegen habe ich extra nochmal nachgefragt. Ich schaue mir mein Ticket genauer an und da steht … man dürfen nicht fotografieren … ? Also hänge ich mir meine Kamera erst mal um, und beobachte, was die anderen Touristen so treiben. Aber während der ganzen Zeit im Palastbezirk hat kein einziger der Wärter jemals etwas gesagt und es wurde ständig von allen um mich herum fotografiert. Also habe ich’s einfach auch auch getan.

In einer Ecke des zweiten Hofs entdecke ich auf einmal einen Wegweiser zum Harem und 10 Meter weiter ein Kassenhäuschen. Und kein Mensch davor. Ich kann mein Glück gar nicht glauben. Bis ich mich gefasst habe, stehen dort fünf andere, aber das ist ja überhaupt nichts. Also nochmal 15 Lira bezahlen und hinein.

Was für ein Unterschied zum Harem im Dolmabahce-Palast. Das ist hier Orient pur, zumindest wie ich ihn mir vorstelle. Kacheln und Fayencen, Sofas mit dicken Kissen, Türen mit Einlegearbeiten aus Perlmutt, Bogen und Türmchen und Muster über Muster. Gut, ein paar mehr Leute als nur 5 sind schon drin, aber ich bin früh genug vor dem Massenansturm.

Draußen, vor der dem Ausgang des Harems, sind mittlerweile die Reisegruppen angekommen.

Da sehe ich eine Toilette. Eine gute Gelegenheit. Links geht es zu den Damen. Ich will gerade abbiegen, da öffnet sich die WC-Tür zu den Männern, und was sehe ich: Das muss ein Original aus der Zeit der Sultane sein, mit Mosaiken an den Wänden und goldenen Inschriften.
Ich bin bloß zu feige, ein Photo zu machen.
Das Örtchen der Damen hatte übrigens nur weißen Marmorboden.

Hinter dem Harem bin ich im dritten Hof angelangt und stehe nun direkt vor der Audienzhalle. Die Schlange vor der Schatzkammer ist lang, da habe ich keine Lust drauf. Ich wandere weiter, rund um die Kolonaden.
Und wundere mich, dass vor der religiösen Schatzkammer überhaupt keine Schlange ist. Geradezu wunderbare Dinge kann man dort sehen – das Schwert Davids, den Stock, mit dem Moses das rote Meer geteilt hat, der Turban Josefs. Und Schwert und Mantel von Mohammed. Über allem der Gesang eines Muezzins. Keineswegs vom Band, nein, der Mann sitzt mit weißem Fez in schwarzem Gewand an einem Tisch am Ausgang und singt live. Wenn man ein bisschen über christliche Reliquien und wie sie entstanden sind, Bescheid weiß (Beispielsweise gab es im Mittelalter teilweise so viele Kreuzreliquien, das man daraus mehrere Kreuze hätte zusammenstellen können), bleibt zumindest ein gewisser Zweifel, aber die ganze Sache sollte man doch Ernst nehmen. Mein Reiseführer erzählt, dass gefordert wird, diese religiösen Schätze nach Mekka zurückzugeben. Und das damit zu rechnen ist, dass dann ein neues Kalifat ausgerufen würde. Islam heißt Frieden (wie Akif vorgestern immer wieder betont hat), ich hoffe, es bliebe auch dann dabei.

Im dritten Hof stehen in der Mitte Bänke um einen tulpengeschmückten Brunnen. Ich setze mich erst einmal hin und fülle mein Tagebuch, damit ich auch nichts vergesse.

Dann gehe ich weiter in den vierten Hof und genieße die Aussicht.

Gestärkt durch einen Döner verlasse ich dann diesen wunderschönen Ort. Es ist gerade wieder Gebetszeit. Vorne am Ausgang des ersten Hofes gibt es eine Stelle, dort hört man während der Gebetszeiten scheinbar alle Muezzine der Stadt gleichzeitig. Das klingt dann fast schon wieder wie Glocken, denn die Stimmen kann man dort nicht mehr auseinander halten.

Nach einer kurzen Pause im Hotel laufe ich den Berg erneut hinauf, diesmal zum großen Basar von Istanbul. Bald zweitausend Geschäfte soll es dort geben. Und in einem Zeitschriftenartikel stand, der Basar sei stark einsturzgefährdet. Darum macht sich aber offensichtlich niemand sorgen, das Geschäft geht munter weiter. Keiner schaut besorgt nach oben.
Hier gibt es alles, was das Herz begehrt, Teppiche, Kissen, Schmuck, Lederwaren , Lampen, (…) und in den Seitengassen auch so praktische Sachen wie Knöpfe in allen Formen und Farben. Ich kann bestenfalls nur einen kleinen Ausschnitt des Basars gesehen haben

„Lady, this is your shop, let me show you a carpet, a kelim!“

„Lady, i’m sure you want a carpet.“ Keine Antwort. Dann mit leicht ungläubiger Stimme „… you don’t want a carpet?“

Ich merke, daß meine offen getragene (und auch benutze Kamera) die Händler etwas davon abhält, mich ständig anzusprechen.
Bis auf Einen

„Hey, Paparazzi!… Where are you from?“ :-)

Aber so richtiges Basarleben, das findet man in den Gassen zwischen dem großen Basar oben auf dem Hügel und dem ägyptischen Basar unten am goldenen Horn. Hier sind die Straßen voll mit der einheimischen Bevölkerung. Für Autos kein Durchkommen. Und man findet alles, was der Haushalt so braucht.

Immer noch energiegeladen entschließe ich mich gegen fünf zu einem Spaziergang über die Galata-Brücke. Die Brücke hat zwei Stockwerke. Oben fahren die Autos und dort stehen auch die Angler. Im Stockwerk darunter reiht sich Fischrestaurant an Fischrestaurant (ob das oben geangelte dann unten serviert wird, kann ich nicht sagen).

Zum Galataturm hinauf geht es – wie kann es anders sein – steilen Treppen und Straßen bergan. Erst schleiche ich mich im Bogen unten herum, dann fasste ich mir ein Herzu und schaffe es auch ohne all zu sehr aus der Puste zu kommen bis hinauf zum Turm. Glücklicherweise ist im Turm selber dann ein Aufzug. Rundherum führt im obersten Stockwerk einen schmale Balustrade, auf der mit einiger Mühe zwei Leute aneinander vorbei passen. Der Rundumblick auf die Dächer des Galata-Viertels und die Dächer der Stadt

und auf das gegenüber liegende Ufer des goldenen Horns mit seinen Palästen und Moscheen entschädigen dann aber für die Mühen des Aufstiegs.

Vom Galataturm geht es weiter hinauf und ich schaue einfach mal, wo ich ‚raus komme. Den Tunel, die Endstation der historischen Straßenbahn von Beyoglu erkenne ich von einem Photo, dass ich im Reiseführer gesehen hatte. Also bin ich hier an der Istiklal-Strasse, der Shoppingmeile Istanbuls. Liegt es an der späten Tageszeit? Ich bin irritiert. Die Straße ist schwarz von Menschen, aber kaum einer machte Windowshopping oder ähnliches. Alle laufen nur geschäftig in eine Richtung. Seltsam.
Die Straße zieht sich. Eigentlich will ich bis zum Taksim, aber als dieser nach einer viertel Stunde noch nicht erreicht ist, beschließe ich umzukehren und machte mich zu Fuß wieder auf den Weg durch das Galata-Viertel – wo die Straßen sich merklich geleert hatten -, über die Brücke und dann zurück zum Hotel.

Von Zisternen und Palästen

Morgens schlafe ich bis acht. Wieder sind die guten Vorsätze über den Haufen geworfen. "Du willst doch fotografieren, bei gutem Licht, oder? Also steh vor Sonnenuntergang auf und nutze die Zeit". War wieder nichts. Ok, ich habe eine Ausrede, ich bekomme eine Erkältung, wenn auch nur ein bisschen.

Ich laufe hinauf zum Topkapi-Palast, den Weg kenne ich schon von gestern. Uups, ganz schön voll dort! Da fällt mir gerade noch rechtzeitig ein, dass mein Geld nicht mehr reicht für den Eintritt und ich nehme dies als willkommene Ausrede, morgen etwas früher wieder hier zu sein.

"Can I help you?" Der alte Mann spricht mich gegenüber der Hagia Sophia an. "Where are you from?" "Germany". "Kann ich Ihnen helfen?" "Nein, … oder doch, wo finde ich eine Wechselstube?". Und er weist mir den Weg 100 Meter weiter.

Am Eingang zur Yerebatan-Zisterne habe die Wahl: entweder 10 türkische Lira (derzeit etwa 5 EUR) oder 7 EUR auf den Tisch zu legen. Klar, was ich wähle, oder?
Heute muss irgendeine internationale Veranstaltung sein, jede Menge Leute in orangenen T-Shirts mit Länderaufdruck, die vor und nach mir die Treppe zur Zisterne herunter strömen. Die Musik unten ist kaum zu hören. Der Medusakopf, laut dem Reiseführer DIE Attraktion der Zisterne, ist so von Menschen umringt, dass ich nicht durchkomme.
Aber ich finde doch noch eine einzelne ruhige Ecke um zu fotografieren. Die angestrahlten Säulen erhellen mit ihrer Spiegelung das dunkle Wasser. Zu Dumm, dass ich mein Stativ nicht dabei habe!

Wieder zurück an der Oberfläche sehe ich vor der Hagia Sophia zum ersten Mal einen Bus von CitySightseeing, von denen ich einen Voucher habe und beschließe zu zusteigen. Wir fahren über die Galata-Brücke und die Angler winken zurück.

Zum Dolmabahce Palast soll es gehen, dass soll mein erster Halt sein. Eine Empfehlung von Herrn Döcmeci.

Der Palast war die Residenz der letzten Sultane, gebaut Mitte des neunzehnten Jahrhunderts entsprechend europäischer Standards (Ich würde den Baustil Richtung Klassizismus einordnen). Sechs Sultane und ein Kalif haben zwischen 1856 und 1922 darin gewohnt. Der letzte Sultan wurde im Rahmen der Republikgründung abgesetzt, aber die religiöse Funktion des Kalifen blieb ihm erhalten. Deswegen "sechs Sultane und ein Kalif".
Man wird immer zu einer Gruppe von ca. 30 Leuten in den Palast gelassen, aber meine Gruppe vergesse ich schnell. Meine Kamera spielt Kind, streift mit ihren Fingern an den Spitzen der Vorhänge entlang, fühlt weiche Teppiche unter ihren Füßen, Möchte schmökern in den Folianten der Bibliothek und ist ganz verzaubert vom marmornen Bad des Sultans. Springt so lange hin und her, bis sie die exakt symmetrische Mitte der Fenster findet. Und blickt zwischen den Vorhängen hinaus auf den Bosporus. Vergisst für einen Moment das Repräsentative der Räume und stellt sich vor, wie es wohl war, als Kind hier zu leben. Und möchte nicht in den Harem ziehen, denn der wirkt so gar nicht wohnlich heutzutage, so große Zimmer.
Auch Mustafa Kemal Atatürk hat hier gewohnt und ist in einem der Palasträume gestorben. Das Bett trägt eine türkische Flagge. Seit seinem Tod stehen im Palast die Uhren still, erzählt Wikipedia. Ich nehme an, er war der letzte Bewohner.

Der Bus von CitySightseeing fährt nur einmal die Stunde. Also entschließe ich mich, bis zum Taksim-Platz zu laufen. Es geht steil bergauf und so komme ich das erste Mal in diesen Tagen so richtig ins schwitzen, bei sonnigen 24 Grad. Ob ich hier richtig bin? Die Straße auf dem Stadtplan endet in einer – wie sollte es anders sein – steilen Treppe. Aber die Richtung stimmt, und ein paar Minuten später erreiche ich die Hauptstraße.

Den Taksim-Platz erlebe ich als den dieselgeschwängerten zentralen Busknotenpunkt der Stadt. An der Ecke gegenüber finde ich CitySightseeing, der nächste Bus kommt in 25 Minuten und den werde ich nehmen. Ich kaufe ein Wasser, einen gebrauchten Kuli, auf dem "nemesis" steht (?!) und gehe zurück zum Busschalter. Mit einer viertel Stunde Verspätung kommt dann der Bus und ich finde oben in der zweiten Reihe einen Platz. Trotz offenem Verdeck sind Fotos wegen der vielen Bäume an den Straßen Glückssache.
Wir kommen nach Eyüp. Lauter Grabmale, wohl wegen des Fahnenträges Mohammeds, der hier begraben ist. 
Und die alte Stadtmauer von Istanbul ist wirklich sehr lang und noch recht gut erhalten.

Wir kommen auch dort vorbei, wo derzeit der Hafen des Theodosius ausgegraben wird – und den U-Bahn-Bau unter dem Bosporus verzögert. Ob man das wohl besichtigen kann?
Der Dieselduft begleitet mich vom Taksimplatz bis zurück zur Hagia Sophia.

Heute wird es eine frühe Nacht. Ich bin wieder im Restaurant vom Montag und ich bin nicht ganz schlüssig, ob das Essen so gut wie das Restaurant gemütlich ist. Ok, schlecht ist es nicht.
Dann gehe ich früh zu Bett.

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Eine doch recht kurze ganztägige Stadtrund“fahrt“ oder „Unter Händlern“

Die Tür zur Baustelle auf der Hotelterasse ist offen und nutze ich meine Chance um noch einmal hinaus um die Aussicht zu genießen.

Das Frühstück im Hotel ist – nach allem, was ich im Reiseführer gelesen habe – typisch: Feta, Gurken, Tomaten, Oliven, Kuchen. Außerdem Baguette und Marmelade. Marmelade und salzige Butter finde ich trotz meiner vielen Reisen immer noch ziemlich gewöhnungsbedürftig. Aber immer noch besser als Oliven zum Frühstück. Neben Orangensaft gab es natürlich auch türkischen Tee. Dazu nimmt man sich den stark aufgebrühten Tee und verdünnt ihm mit heißem Wasser.

Für heute hatte ich bei Expedia eine ganztägige Stadtrundfahrt gebucht. Ich hatte mir gedacht, ich mache erst einmal den "Überflug", dann weiß ich wo alles ist und kann mir Einzelheiten die nächsten Tage noch in Ruhe anschauen.
Um neun warte ich in der Lobby und werde dort zu Fuß abgeholt. Es geht hinauf Richtung Hagia Sophia. Erst hatte ich gedacht, ich würde zum Bus gebracht. Aber nein, ich habe wieder Erwarten eine Solo-Tour. Und zwar zu Fuß. Anscheinend ist Dienstags – der Topkapi hat geschlossen – nicht so viel los in Istanbul. Und die Haupt-Sehenswürdigkeiten liegen alle eng beieinander, so dass sich ein Bus zumindest hier im alten Teil nicht lohnen würde. 
So schaute ich mir erst mal meinen Guide ein bisschen näher an. Akif, klein, vollschlank, mit Hochwasserhosen und einer – wie er sagt – abklingenden Erkältung. Im Verlauf des Vormittags erzählte er, er komme eigentlich aus Antalya und dies sei seine erste Woche als Guide in Istanbul. Immerhin hatte er seinen Text schon drauf, wenn auch Nachfragen nach einzelnen Ereignissen, über die ich im Reiseführer gelesen hatte, nicht viel bringen.

Wir besuchen zuerst die Hagia Sophia. Dieses Gotteshaus – heute Museum – hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Erbaut im sechsten Jahrhundert war sie z.B. Krönungskirche der byzantinischen Kaiser. Nach der Eroberung von Konstantinopel (wie Istanbul zur damaligen Zeit hieß) im fünfzehnten Jahrhundert durch die muslimischen Osmanen wurde die Kirche zur Moschee. Unter dem Staatsgründer der modernen Türkei, Kemal Atatürk wurde sie schließlich zum Museum. Mehr dazu in wikipedia.
Heutzutage – im Museum – sind christliche Mosaike wieder freigelegt und stehen gleichberechtigt neben den muslimischen Teilen. Mein Blick wanderte automatisch nach oben zu den prächtigen Fresken und Mosaiken.

Wir machen einen kurzen Abstecher in das Museum für türkische und islamische Kunst. Mit Ausstellungen über prachtvoll ausgeschmückte Schriftstücke und Teppiche und auch einer kleinen Abteilung über Wohnstile. Akif fasst die historischen Teppiche an. Hmm, als Guide sollte er das ja wohl besser wissen. Ich überlege schon, was ich tun soll, falls er aus dem Museum gewiesen wird. Aber zum Glück reichte ein Hinweis des Museumswärters und er lässt es.

Am interessantesten finde ich eine Fotoausstellung über türkische Nomaden. Akif meint, auch in der Gegenwart gäbe es noch Leute, die so leben würden. Er erzählt, seine Großmutter hätte selbst noch so gelebt, er hätte Kindheitserinnerungen. Er würde sich so ein schönes, einfaches Leben zurückwünschen. Ich glaube, er vergisst dabei, wie hart dieses Leben sein muss.

Warum die blaue Moschee "blaue Moschee" genannt wird, wird klar, wenn man sich die Fliesen im Innenraum ansieht. Offiziell heißt sie aber Sultan-Ahmed-Moschee nach ihrem Auftraggeber (und, wie heißt das Viertel, in dem sie liegt …, na, kommt ihr drauf?). Die blaue Moschee ist die Hauptmoschee Istanbuls und hat eine Besonderheit, die für ein bisschen Unruhe im Islam gesorgt hat: sie hat sechs Minarette. Denn: Früher hatte auch die Hauptmoschee in Mekka sechs Minarette. Und als die blaue Moschee ebenfalls sechs Minarette bekam, mußte in Mekka ein weiteres Minarett hinzugefügt werden.

Als wir an der Moschee ankommen, ist gerade Gebetszeit und wir müssen am Touristeneingang warten. Ich nutze die Zeit, mir die Bogengänge anzuschauen. Zurück am Eingang heißt es, Schuhe ausziehen. Jeder bekommt eine Plastiktüte, in die die Schuhe verpackt werden. Die Schuhe trägt man dann mit sich herum, bis man die Moschee wieder verlässt (und die Plastiktüte für jemand anderes zurückläßt). Aus Israel und Albanien kannte ich das ein bisschen anders, da ließ man die Schuhe einfach am Eingang zurück, sich darauf verlassend, das die schon nicht geklaut werden. Bisher hatte das immer geklappt.
Ja, bei einem Moscheebesuch trägt frau Kopftuch – so auch ich, ich hatte mir extra meinen schönsten Schal dafür mitgenommen.

Das "typische Kebap-Restaurant" laut Tourbeschreibung war ein Touristenlokal mit langen Tischen und Bänken. Aber das Mittagessen war ganz OK. Akif redete über den Stolz, einen Touristenführerausweis zu haben. Der Ausweis sei so wichtig, und vor allem sei dann so viel umsonst … .

Vom Besuch bei einem Teppichhändler war in der Tourbeschreibung nicht die Rede gewesen. Lust hatte ich schon gar nicht drauf, aber Akif läßt sich nicht davon abbringen, und da der Besuch der Zisterne – statt des Topkapi-Palastes – laut Tourbeschreibung Dienstags auf dem Programm steht, folge ich meinem Guide widerwillig. Dann stelle ich zu meinem Entsetzen fest, dass ich auch hier eine Solo-Vorführung bekommen soll. Nach fünf Minute breche ich das unschöne Spiel ab, ich bin einfach nicht in der Lage, Kaufinteresse zu heucheln, dafür gehe ich auch sonst viel zu ungern einkaufen.
Zu allem Überfluss steht dann auch noch der Leiter von Uptown Travels vor der Tür und teilt mir mit, dass die Tour ja nun beendet sei, weil ich alles gesehen hätte. "Und was ist mit der Zisterne?" "Dafür haben Sie ja das islamische Museum gesehen". Diskutieren hilft nichts und ich habe nach dem gerade Erlebten auch keine große Lust dazu. Auf die angebotene Begleitung von Akif zum Hotel und auf ein Trinkgeld für ihn habe ich dann verzichtet. Als Abschiedsgeschenk nahm ich Akifs Erkältung mit in die nächsten Tage. "Vielen Dank".

Ich laufe weiter, durch das mediterrane Viertel, das ich am Vortag schon aus dem Bus gesehen habe, entlang des Bosporus und durch den Gülhane-Park zurück zum Hotel.

Um 17 Uhr bin ich wieder draußen, in der Altstadt, als die Muezzine zum Gebet rufen. Von allen Seiten hört man sie. Jeder übertönt den anderen. Jeder ist gerade an einer anderen Stelle des Gesangs. Ein harmonisch disharmonischer Klangteppich, der sich, dort, wo man viele hört, fasst wie das Schwingen einer Glocke anhört.

Ich laufe weiter zum ägyptischen Basar, mische mich unter die Menge und schnuppere Gewürze.

Auf der anderen Seite des ägyptischen Basars schaut man auf den Galata-Turm. Mich faszinieren die Farben dieses Viertels unter dem Turm zu den verschiedenen Tageszeiten.

Hier, wo ich den Ausblick auf den Galata-Turm habe, ist auch die Yeni-Moschee, in die ich ebenfalls einen Blick werfe. Davor auf den Treppen sind massenhaft Tauben, die Glück bringen sollen.

Und zur guten Nacht noch ein paar der heute gesammelten Händlersprüche.
"You’re breaking miy heart!" Ich drehe mich um und werfe ihm einen ironisch bedauernden Blick zu. Er grinst zurück, bevor ich lächelnd weitergehe.
"You’re not on the right way." Fast bin ich irritiert über den Ernst in der Stimme. Dann folgt aber "The right way is the way into my shop". … ach so!
"Lady, can I help you?" Keine Reaktion. Dann der Schnellkurs für den Basar: "Lady, first you say "yes", then I say "How are You" Then you …"
"Do you like fish, madam?" Nein, mag ich nicht. "Do you like meat?" Nein, ich habe keinen Hunger. "It’s fine if you only drink something". Auch das nicht. "Are you sure?" "Yes I am". Ja, ja, das ist nicht so einfach mit mir.
Abends drücke ich mir die Nase an den Gitterstäben vor der Hagia Sophia platt um die Öffnungszeiten zu erkennen. "It’s closes now, it will open again tomorrow". Ich weiß. "Where are you from? Germany?" Woher weiß der das? Ich glaube, ich muss mal an meinem Akzent arbeiten. Ich nicke. "Interessiert an Lederwaren?". Also damit "dealt" er.

Ein erster Blick auf Istanbul

Sultanahmet – was für ein Gewirr von engen Gassen! Ob ich hier jemals wieder rausfinde? Die Autos parken so eng, dass der Kleinbus manchmal nur nach ein paar Diskussionen überhaupt durchkommt. Dies ist eindeutig der Touristenstadtteil, so viele Geschäfte mit Teppichen, Stoffen und dicken weichen Kissen fahren am Busfenster an mir vorbei. Für vielleicht fünf Minuten kommen wir auch durch ein Wohnviertel, sehr mediterran in den rötlichen Erdfarben. Mal schauen, ob ich das wiederfinde.

Da steht es auf der Häuserwand "Hotel Pamphylia". Das ist doch meins, oder? Aber der Fahrer steuert zielsicher erst einmal das Hotel meiner Sitznachbarn an. Zur Strafe findet er dann den Weg zurück durch die Einbahnstrassen mit dem Wagen nicht und muss meinen Koffer per Hand hinter sich herziehen, den Berg hinauf.

Das Hotel liegt wirklich zentral. Am Rand des Touristenviertels unterhalb der Mauern des Gülhane-Parks. Als ich den Berg hinunter laufe und mich ein wenig links halte, stehe ich vorm Sirkeci-Bahnhof und sehe den Bosporus. Es wird schon dunkel, eine blaue Stunde. Gegenüber, dass könnte der Galata-Turm sein. Dann muss das links von mir die Galata-Brücke sein.

Als ich mich umdrehe liegt vor mir eine riesige Moschee. Ob das die blaue Moschee ist (war sie nicht, sondern die Yeni-Moschee)?

Dann muss das da oben auf dem Berg die Hagia Sophia sein (ja, ist sie). Von der Fußgängerbrücke über die Schnellstrasse sieht man ein Gewirr von Türmchen. Der Topkapi-Serail (ja)?

Ich suche mir unterhalb des Hotels ein kleines Restaurant, dass keinen Türsteher hat, dafür aber Teppiche an den Wänden und gemütliche Sessel. Ok, die gebratenen Auberginen sind etwas gewöhnungsbedürftig, aber ganz in Ordnung. Ich denke ich komme noch mal wieder, es ist wirklich sehr gemütlich. Und vielleicht versuche ich es das nächste Mal mal mit Fleisch.

Als ich aus dem Restaurant trete höre ich zum ersten Mal den Ruf des Muezzins über der Stadt.

Zurück im Hotel überrede ich den Hotelportier, mir die Dachterasse aufzuschließen (die derzeit Baustelle ist). Vor mir, fast in Reichweite liegt die Hagia Sophia.