Mamas Geburtstag, Port Lockroy und eine Abschiedstour mit den Zodiacs vor der Drake Passage

Unser letzter Tag in der Antarktis. Ich will nicht weg, es ist so schön hier!

Die Gezeiten hatte das Packeis zwischen der Mikheev und Port Lockroy ein wenig an die Seite geschoben, so dass wir geraden Weges mit den Zodiacs zur südlichsten Poststation der Welt fahren konnten. Die Besatzung von drei Leuten war gerade erst zwei Tage vor Ort und verkaufte auch Souvenirs: Briefmarken und Stempel. Wir kauften Mützen und T-Shirts und Lesezeichen und Schlüsselanhänger. Und wenn keine Touristen da sind, erforschen sie die Pinguine und noch einiges anderes.

Wir besichtigten die alten Stationsgebäude mit einer Möblierung, die das Leben in den fünfziger Jahren zeigt. Man stelle sich vor, dass in dieser kargen Einrichtung die Bewohner zweieinhalb Jahre bleiben mussten. Da gehört schon viel Enthusiasmus dazu.

Draußen wärmte die Sonne genug für einen kleinen Sonnenbrand. Vor der Station brüteten Eselspinguine, viele sogar mit zwei Eiern. Und … es gab das erste Küken! Mama oder Papa – das sieht man den Pinguinen nicht an, fütterte stolz das Kleine und beugte sich immer wieder liebevoll zu ihm runter.

Auch das zweite Ei im Gelege wurde gerade von Innen aufgepickt.

Bei einem weiteren Pinguinpärchen würde es bestimmt nicht mehr lange dauern.

Schließlich ließ ich mich am Strand auf einem Findling nieder und schaute den Pinguinen beim schwimmen zu.

Als wir aufbrechen wollten, hatte sich direkt neben dem Weg zum Zodiac eine Skua gestellt und schaute uns zu. Dann nutzte sie eine kleine Lücke zwischen uns und baute sich mitten auf dem Weg auf. Nun, Skuas sind aggressive Raubmöven und die kann man nicht einfach verscheuchen ohne dass sie einen gleich angreifen. Gar nicht so einfach, an dem frechen Vogel vorbei zu den Booten zu kommen.Durch das Packeis zurück fuhr die Mikheev langsam wieder Richtung Drake Passage. Immer noch bei schönstem Wetter. Was für eine Reise! Ich versuchte, Mama mit dem Satellitentelefon zu erreichen, aber ich hörte nur ihre Stimme, sie mich aber nicht. Das lag wohl an den umgebenden Bergen. Der Versuch am Abend gelang besser und ich konnte sie herzlich zum Geburtstag beglückwünschen und ihr mit begeisterter Stimme mitteilen, was für eine wunderschöne Reise dies sei.Für halb vier am Nachmittag wurde wider Erwarten noch eine abschließende Zodiac-Cruise an den Melchior-Inseln angesetzt. Bis dahin blieb aber noch etwas Zeit. So ging ich rauf in die Kabine um Photos zu sortieren. Da kam der Ruf „Wale“ über den Schiffslautsprecher. Ich packte Kamera und Jacke und rannte Kathrin hinterher nach draußen. Und e s w a r e n Buckelwale!

Zwei Stück auch wenn ich erst glaubte es wären viel viel mehr. Und sie kamen immer näher. Wahnsinn! Immer wieder sah man die Blasen auf dem Wasser, kurz bevor die beiden Wale mit einem deutlich hör- und sichtbaren Blas auftauchten. Nicht weit von dem riesigen Nasenloch kam dann die Rückenfinne an die Oberfläche und nach ein zwei Mal tauchen an der Oberfläche dann die Fluke.

Es hörte gar nicht auf.

Kein Wunder: Die Zodiac-Tour verschob sich um mehr als eine Stunde. Auf dem Zodiac hatte ich kaum Blick für die letzten Pinguine, die Robben und Eisberge zwischen den eisbedeckten Inseln. Antarktis in der Nussschale,

aber ich hoffte immer noch auf einen Blick auf die Wale. Aber es waren keine da.

Dafür sahen wir einen Seeleoparden neben drei oder vier Crabeatern. Wir kamen bis auf zwei Meter ran an das Raubtier und es zeigte beeindruckende Zahnreihen (beim Gähnen).

Und dann der krönende Abschluss: Auf einmal in 100 m Entfernung entdeckte doch noch eine Walrücken. Also mit dem Zodiac hinterher. Schließlich stoppte Monika uns. Und dann kam die Fluke in vielleicht 10 m Entfernung. Als ob er zu unserem Abschied von der Antarktis winken würde.Und während wir zu Abend aßen fuhr das Schiff wieder in die Drake Passage.

Vernadsky Station, Wordie House und Petermann Island

Morgens besuchten wir die ukrainische „Akademik Vernadsky Station“ . Die Station war früher britisch und hieß „Faraday Station“. Dort wurde das Ozonloch gefunden. Die Ukrainer setzen diese Arbeit fort. Sie machen auch Unterwasserforschung.

Ich holte mir einen Stempel (genauer 3) in den Pass und einen Button und ein paar Postkarten.
Die Station ist bekannt für ihre Bar. Zu britischen Zeiten gab es dort einmal einen Schreiner, der einen Bootssteg bauen sollte. Aber die Besatzung beschloss angesichts der langen dunklen Wintertage, dass eine Bar viel nützlicher seinwürde. So wurde sie gebaut – und kaum war der Winter vorbei wurden Schreiner und Stationsleitung hochkant gefeuert, denn der Bootssteg fehlte ja immer noch.

Die Bar ist auch bekannt dafür, dass man seinen Wodka entweder mit einem Dollar oder aber mit einem BH bezahlen kann. Und Pamela und Anneken erweiterten die BH-Sammlung.

Draußen vor den Stationsfenstern klarte das Wetter auf. Es hielt uns nicht allzu lange in der Station, denn wir wollten mit den Zodiacs noch nach Wordie House, auf derNachbarinseln. Auf Wordie House gibt es eine historische britische Hütte von 1947, die ein Museum beherbergt.

Auf dem Weg sahen wir in einer kleinen Bucht eine Wedellrobbe, die dann ausgerechnet vor meiner Kamera ins Wasser sprang und fortschwamm.

Die Hütte von Wordie House sah ich allerdings nur von außen. Stattdessen genoss ich den Sonnenschein, fotografierte die Unterwasserwelt (Muscheln, Seeigelschalen und Seesterne) und machte mit einigen eine Spritztour zu einer Robbe, die sich auf dem Eis am gegenüberliegenden Ufer die Sonne auf den Bauch scheinen ließ.Wordie House mit 65°15’ südlicher Breite und 64°16’ westlicher Länge war auch der südlichste Punkt an den wir gelangten.

Nachmittags besuchten wir Petermann Island, benannt nach August Petermann, einem deutschen Schreibtischgeographen aus dem achtzehnten Jahrhundert, der sich so einiges über die Antarktis zusammenphantasierte. Nichts von seinen Angaben stimmte, aber er motivierte so viele Expeditionen, dass es schon berechtigt ist, eine Insel nach ihm zu benennen.

Wir landeten mit den Zodiacs in Port Circumcision an und versuchten, durch den Tiefschnee hinauf zu der dortigen Kolonie von Adelie-Pinguinen zu gelangen. Ich gab nach hundert Metern auf, denn ich hatte mit meinen kurzen Beinen nicht viel Hoffnung, durch den brüchigen Tiefschnee weiterzukommen. Ich blieb oberhalb der Landebucht zurück und stellte mich in die Mitte der Pinguinstraßen. Es herrschte reger Verkehr von Eselspinguinen und (wenn auch weniger).

Adelie-Pinguinen.

Alle Arten kamen nah an mir vorbei. Meistens wurde dann kurz gestoppt, und ich interessiert beäugt (was ist denn das für ein riesiger Pinguin in orangener Jacke) bevor es in aller Ruhe weiterging.

http://www.youtube.com/p/8F13FDD63A504E5C

Irgendwann wurden die Fußsohlen vom langen Stehen im Schnee zu kalt und ich ging hinunter zur Landebucht. Und einen Eselspinguin stieg in eine meterbreite Pfütze und schwamm seine Runden vor meiner Kamera.

Winfried sah auch Orcafinnen, aber ich leider nicht.

Die Adelie-Pinguine sind hoch spezialisiert auf ein Leben im Eis, nicht so winterhart wie Kaiserpinguine, aber sie leben ihr ganzes Leben in der Nähe des antarktischen Festlandes – im Gegensatz zu den Eselspinguinen, die eher weiter nördlich anzutreffen sind. Die Adelie-Pinguin-Kolonie auf Petermann Island ist am schrumpfen, während es etwas mehr Eselspinguine gibt. Hintergrund ist die Erwärmung der Antarktis von ca. zwei Grad in den letzten Jahren. Den Adelies wird es einfach zu warm.

In der Zwischenzeit hatte sich die Ebbe zur beginnenden Flut gewandelt. So war das Einsteigen in die Zodiacs nicht ganz einfach. Wir mussten ein gutes Stück durchs Wasser waten, bis wir die Boote erreichten.

Um Fünf am Nachmittag sollte es zurück durch den Lemaire Kanal gehen. Und das Wetter wurdeimmer besser: sonnig und klar bei spiegelglattem Wasser. Im Lemaire Kanal war viel Treibeis. Zweimal sah ich Zwergwale kurz auftauchen. Dann klarte der letzte Nebel auf. Die Berge spiegelten sich im Wasser. Immer wieder sahen wir´Seehunde auf den Eisschollen.
Irgendwann nach dem wir den Lemaire Kanal hinter uns gelassen hatten, brauchte ich eine Pause von all dieser Schönheit und zog mich für eine halbe Stunden zurück.

Da zog Packeis vor dem Bullauge in der Bar auf. Ich lief hinaus auf Deck und fand die Mikheev umgeben von Eisschollen bis an den Rand des Sichtfeldes.

http://www.youtube.com/p/87655B5613FAA0F6

Das Eis krachte an die Schiffshülle. Dazwischen schwammen immer wieder Eisberge. Im Wasser zwischen den Schollen spiegelten sich Berge und blauer Himmel. Die Berge strahlten im Schneelicht.

Es war fast unerträglich schön.

Unser Ziel war die Bucht von Port Lockroy, wo wir am kommenden Morgen landen wollten. Bis dahin ankerten wir mitten im Treibeis. Abends gab es ein Surprise-Dinner auf dem hinteren Deck, auch wenn es mir schwer fiel, mich von den uns umgebenden Eismassen loszureißen.

Es gab Barbecue und Tanzmusik. Zwischendurch mussten Kathrin und ich noch schnell unsere letzen Postkarten schreiben, denn Port Lockroy, als südlichstes Postamt der Welt, war unsere einzige Gelegenheit, diese in der Antarktis abzuschicken..
Warwick tanzte mit mir und er ist ein wirklich guter Tänzer (und bei mir ging es besser als ich erwartet hatte).
Um Mitternacht stand ich mit Winfried, Jose und Russel am Bug. Die Sonne ging hinter den umgebenden Inseln kurz unter – wir waren ja noch nicht südlich des Polarkreises – aber es war immer noch hell genug, um zu lesen.

Die Sonne hatte den ganzen Abend die Bucht in immer neue Farben zwischen Rot und Blau getaucht. Jetzt, zwischen den Tagen, hatten sich die Farben zu einem intensiven Blau mit gelben Lichtern auf dem Wasser gewandelt.


Kurz vor Eins am neuen Morgen schliefen wir ein und träumten weiter vom Eis.

Orne Island, Cuverville Island und Paradise Bay

Rechtzeitig für unseren ersten Ausflug wurden wir wie jeden Morgen über die Bordlautsprecher von Monika geweckt: „Good Morning, dear expeditioners it is half past five in the Morning. There’s a slight fog on the water but this is going to be a beautiful day“.

Um kurz nach sechs – noch vor dem Frühstück – gingen wir auf unsere erste Expedition: nach Orne Island um eine kleine Kolonie Zügelpinguine zu besuchen. Die Anlandung war nicht so ganz ohne, auf Felsen am Rand eines Schneefeldes. Das Wetter auf der Insel hätte auch besser sein können, aber rundherum beleuchtete die Sonne Berge, Inseln und Eisberge.
Die Zügelpinguine ließen sich von uns nicht stören und blieben großenteils auf ihren Eiern sitzen. Einige sammelten Steine für den Nestbau. Und einer drehte gerade sein Ei um.

Der Schnee um die Kolonie war unberührt, so dass wir teils tief einsackten. Die leicht ausgetretenen – wenn auch sehr schmalen – Pinguinstrassen betraten wir trotzdem nicht, denn die Stiefellöcher rauben den Pinguinen unnötig Energie, die sie vielleicht noch fürs Überleben in dieser harschen Umgebung brauchen.Zurück auf der Mikheev gab es Frühstück. Nach dem der Hunger so gestillt war, ging es gleich wieder raus, diesmal nach Cuverville Island.

Auf Cuverville Island gibt es eine große Kolonie Eselspinguine. Und die kostete mich dann auch prompt mehr als 512 MBs Speicherplatz. Eselspinguine sind sehr zutraulich, kommen neugierig näher, manchmal bis auf knapp einen Meter. Sie stolpern über die Strandkiesel wie auch wir Menschen. Und schlittern auf dem Bauch Pinguinhighways hinab. Oder landen mit dem Schnabel im Schnee. Sie sind zu niedlich mit ihren orangenen Schnäbeln und Füßen und der weißen Brille auf dem Kopf.

Ich saß bald eine halbe Stunde am Anlandeplatz und die Vögel taperten um mich herum. Dabei hatte ich Blick auf eine Bucht voller kleiner Eisberge.Irgendwann lief ich dann langsam in Richtung der eigentlichen Kolonie. Bestimmt mehr als tausend Vögel kümmerten sich dort um ihre Gelege.

Die Rückfahrt mit dem Zodiac war doch etwas unruhig. Wir verbleibenden Passagiere passten noch gerade aufs Boot. Aber das Boot war recht schwer und wir wären fast nicht vom Ufer losgekommen. Wir wurden durch den Wind und die Wellen alle von oben bis unten nass (aber die Kleidung hielt).

Das hat Spaß gemacht!

Als sich unser Zodiac dem Schiff näherte, rief Anne von oben „Whale“, aber wir sahen nichts. Kaum fing das Mittagessen an, kam dann aber die Durchsage, dass dort wirklich ein Minke-Wal sei. Ich sah den Blas und die Finne. Aber – so ohne Jacke – war es zu kalt und ich ging wieder essen.Nach dem Mittagessen machte dann der Schiffsladen auf (genauer gesagt, der Dining Room wurde kurzfristig zum Laden erklärt). Man konnte Postkarten, Landkarten, Tassen und Fleeceshirts kaufen und darüber hinaus auch Bücher, die von Rolf und Monika geschrieben waren.Die nachmittags kurzfristig angebotene Wanderung auf Danco Island schenkte ich mir und blieb auf dem Schiff. Während Kathrin die Sauna genoss, blätterte ich durch die Bordbibliothek und notierte mir einiges.

Schon kurz darauf kehrten die ersten zurück, weil das Wetter wirklich miserabel war. Nur wenige hielten die Wanderung durch und kamen total durchnässt aber glücklich zurück. Winfried war statt zu wandern alleine in der Bucht zurückgeblieben und er war mit Robben und Pinguinen belohnt worden. Und dann der letzte Höhepunkt des Abends. Zwar reduzierte Schneefall die Sicht stark. Aber kaum waren wir auf dem Zodiac, hörte es auf zu schneien. Das bisschen fisseln machte überhaupt nichts und an einigen Wolkenkanten kam sogar die Sonne raus. Ich war bei Monika im Boot. Wir waren insgesamt nur zu siebt. Wir fuhren durch Paradise Bay und am dortigen Gletscher entlang, inmitten von Eisbergen. So im kleinen Zodiac in dieser gewaltigen Landschaft. Wo sich ein bisschen Fels zwischen dem Eis fand, nisteten Kormorane.
Monika erzählte viele kleine Geschichten.

Hinter der dortigen (verlassenen ) argentinischen Station „Almirante Brown“ legten wir mit dem Zodiac an einem meterbreiten Kieselstrand an und waren damit jetzt „in echt“ in der Antarktis. Auf 64°53’ südlicher Breite und 62°52’ westlicher Länge setzte ich meinen Fuß auf antarktischen Festlandboden.

Deception Island

Einige wollten gerne auf Deception Island wandern, und sollten dafür um halb Sechs geweckt werden. Aber die Brandung war zu stark um anzulegen. So wurden alle gemeinsam erst um Acht geweckt.

Ich wäre eh‘ nicht mitgegangen. In den Gummistiefeln ist das Wandern kein Vergnügen. Auch wenn ich in ihnen besser laufen kann, als erwartet.

Wir frühstückten in Ruhe bevor die Mikheev durch Neptune’s Bellows hinein in das Innere des Hufeisens fuhr, das Deception Island bildet.

Leider war es ziemlich am regnen und am schneien. Ein Regenschutz für die Kamera wäre jetzt gut gewesen! Deception Island ist vulkanischen Ursprungs und die Mitte des Hufeisens ist eigentlich der Krater, gefüllt mit Meerwasser. „Deception“ kommt von alten englischen Begriff „deceipt“, der „abgeschlossen“ oder „geschützt“ bedeutet. Geschützt durch die Hufeisenform, aber ein relativer Schutz angesichts der Erdaktivitäten. Der letzte Ausbruch war übrigens 1972. Heutzutage bemerkt man den schwarzen Lavastrand und die heißen Dampfschwaden am Ufer. Deception Island wurde seit 1821 genutzt. Das Wasser ist angenehm warm, wenn man mit der Hand hineinfasst. Aber gebadet habe ich nicht (ja, es ist möglich, dort zu baden).

Mit dem Zodiac ging es in der Whaler’s Bay an Land. In dieser Bucht finden sich Überreste einer norwegischen Walfangstation und britische Treibstofftonnen aus der Zeit des zweiten Weltkrieges. Zwischen den verfallende Hütten in denen sich der Schnee türmt, liegt diverses Gerümpel und die Überreste der Walfängerboote verschwinden langsam in der Vulkanasche.

Es gibt auch ein bisschen Vegetation: Moose und Flechten. Die Flechten sind fein verästelt und schimmern golden.

Am Strand begrüßten uns ein paar Zügel- und Eselspinguine. Neugierig watschelten sie näher. Auch wenn sie kurz verschreckt ins Wasser sprangen, siegte die Wissbegier und sie standen kurz darauf wieder um uns herum.

Irgendwie schaffte ich es, für ein paar Minuten ein Paar Pinguine für mich ganz alleine zu haben und drehte zwei kleine Filme.

Eigentlich sollte nachmittags noch mal auf Deception Island gehalten werden (Telegraph Cove), aber das Wetter war nicht danach. So verließen wir die Bucht und steuerten Richtung der antarktischen Halbinsel durch die Bransfield Strait. Die Bransfield Strait bildet geologisch gesehen eine Kontinentalplattengrenze und damit die Grenze zur eigentlichen Antarktis. Sie trennt auch Pazifik und Atlantik vom Südozean.

Kaum verließen wird die Neptune’s Bellows wieder, wurde es schaukelig. Aber der Himmel klarte auf.

Ich hatte der Küche meine Allergien gemeldet (Huhn&/Ei/Ananas) und auch meine Abneigung gegen Fisch. Gestern hatte ich richtig gestellt, dass ich keine Vegetarierin bin. Heute gab es Räucherlachs und diesen Fisch mag ich schon. Das Küchenmädchen merkte nichts und so bekam ich etwas. Meine Alternativportion teilten sich Kathrin und Winfried.

Wir teilten den Tisch mit Jackie, Irene und Anne.

Abends um halb Zehn gab es im Dining Room einen Rückblick auf das bisher gesehen und einen Ausblick auf das, was auf uns wartet.
Ähnlich wie die vier beteiligten Länder diskutierten auch die Schiffsbewohner, wie mit den Hinterlassenschaften auf Deception Island umzugehen sei: Da lassen, renovieren, entfernen. Die vier beteiligten Ländern sind Argentinien und Chile (Gebietsansprüche), Großbritannien (Öltanks), Norwegen (Walfang).
Monika hatte angeboten, mit ihren Studenten gemeinsam aufzuräumen, aber es wurde abgelehnt, weil das ja Argentinier (Gebietsanspruch!) sind.

Danach gab es den dritten Teil von „Live in the Freezer“ von David Attenborough (Teil Eins und Zwei hatte ich am Samstag schon verpasst) , aber Kathrin und ich gingen früh zu Bett, den für den nächsten Tag war ein Weckruf um halb Sechs angekündigt

Drake Passage, Robert Point und Greenwich Island

Ich wachte verschwitzt und mit leichten Rückenschmerzen auf. Eine Decke hätte wohl doch gereicht. Kathrin fühlt sich immer noch wie bei einer kommenden Erkältung.

Aber die Nacht war viel angenehmer als die vorhergehende. Die Drake Passage meinte es wirklich gut mit uns.

Irgendwann am frühen Morgen hatten wir den sechzigsten südlichen Breitengrad überfahren. Dort beginnt das Gebiet des Antarktisvertrages. Dieser Vertrag stellt sicher, dass im zugehörigen Gebiet weder Bodenschätze ausgebeutet noch Tiere gefangen werden dürfen. Durch diesen Vertrag ruhen außerdem die Gebietsansprüche vieler Länder auf die Antarktis. Es beeindruckt mich und macht mir Hoffnung, dass sich die Länder der Welt bei all ihren Streitigkeiten auf so etwas einigen können.

Ebenfalls an diesem Morgen hatten wir die antarktische Konvergenz überfahren – die Trennlinie zwischen Atlantik bzw. Pazifik und dem antarktischen Ozean. Hier ist das Wasser viel kälter und auch die Temperaturen waren spürbar näher am Gefrierpunkt. Ein Blick nach draußen bestätigte das. Schnee und Nebel beschränkten die Sicht. Dafür begleiteten jetzt viel mehr Vögel als Gestern das Schiff (u. a. Cape Petrel und Giant Petrels).

Die anderen sahen auch immer wieder springende Pinguine, aber auf dem Auge war ich irgendwie blind.

Weil es so gut passte, hielt Arjen am Vormittag einen Vortrag über Seevögel.

Nach einer kurzen Pause erklärte uns Monika noch wie man in einen Zodiac steigt und wie man sich im „Pinguinland“ verhalten sollte. Denn die Pinguine sind die eigentlichen Bewohner dieser Gegend, die Menschen sind nur Gäste. Also sollte man die Strassen der Pinguine – im Schnee mühsam niedergetreten von vielen kleinen Füßen – nicht durch Stiefellöcher zerstören. Auch sollte man Abstand halten. Pinguine sind neugierig genug und kommen schon von selber näher. Ach ja, und Seeleoparden (aber auch harmlosere Robben) sind nicht zum streicheln da.

Nach dem Mittagessen stand ich alleine draußen an Deck neben dem Ausgang und sah (!!!) den ersten Eisberg. Natürlich klopfte ich sofort am Bullauge der Bar. Als der erste (Lak) rauskommt, schwappt eine Riesenwelle eiskalten Meereswassers über die Reling und Schuhe und Hose. Brrr. Immerhin konnte ich noch ein Foto schießen.

Mein erster Eisberg
Mein erster Eisberg

Bis ich mich umgezogen hatte war der Eisberg wieder weg. Aber nach und nach tauchten weitere Eisberge aus dem Grau des Nebels auf und schließlich die ersten Felsen: South Shetland Islands.Die Mikheev fuhr in den English Channel hinein, zwischen Robert Island und Greenwich Island.

Wir hatten die Drake Passage so schnell hinter uns gebracht, dass keine Zeit mehr blieb für Monikas Vortrag über Eis. Denn um halb Fünf bestiegen wir die Zodiacs für den ersten Landgang – oder so dachten wir. Ich war im zweiten Zodiac und im letzten, das rausging. Wir gingen aber nicht an Land (Robert Point), denn das Wasser war viel zu tief und die Brandung am Strand viel zu heftig. So sahen wir nur vom Boot aus am Ufer unsere ersten Eselspinguinen und Crabeater.

Eselspinguine und Wedellrobben an Robert Point
Eselspinguine und Wedellrobben an Robert Point

Da das Wetter nicht sehr stabil aussah wurden wir fast sofort wieder vom Kapitän zur Mikheev zurückgerufen.

Aber wir bekamen eine zweite Chance für einen Landgang:

Das Abendessen wurde vorgezogen und wir fuhren währenddessen ein Stückchen zurück nach Greenwich Island. Dort befindet sich die zur Zeit verlassene chilenische Station „Arturo Pratt“ in einer ruhigen Bucht und hier konnten wirklich alle an Land gefahren werden..
Ich – uups – vergaß die Rettungsweste. Aber scheint’s merkte es keiner.

So setze ich meinen Fuß zum ersten Mal auf antarktische Inselerde, an 62,29 Grad südlicher Breite und 59,40 Grad westlicher Länge.

Die Sonne schien!

Und wir sahen unsere ersten Eselspinguine. Da alle sich darauf stürzten folgte ich dem Strand in die andere Richtung und wurde mit Crabeater-Robben aus nächster Nähe belohnt. Skuas brüteten auf ein paar Steinen mitten im Schnee, so dass ich sie großzügig umgehen musste, um zu einem Kreuz mit Gedenksteinen und Walknochen zu gelangen. Nicht weit davon putzte ein Pärchen Zügelpinguine das Gefieder.

Die Krönung des Abends: zum Dessert gab es dann Buckelwale. Darauf hatte ich mein Leben lang gewartet. Und weil wir vorher gewettet hatten, ob wir zuerst Orcas oder Buckelwale sehen würden, gab mir Kathrin einen Kaffee aus.

Ein Buckelwal
Ein Buckelwal

Den Buckelwal gab es auch einmal kurz mit Blick auf den Unterkiefer. Ich meine, wir haben sogar die Zunge gesehen.Die Bucht in der wir Abends lagen, war absolut still. Sogar der Motor war aus. Die Stille reflektierte vom umgebenden Eis. Die Sonne ging orange und golden hinter der Insel unter. Der Gipfel der Insel blieb jedoch die ganze Zeit im Nebel. Dass eine Ende der Insel sah aus wie eine riesige Wolke.

Wenn das Wetter in den nächsten Tage so bleiben würde, das würde traumhaft schön.