Der Stufenbrunnen von Adalaj

Stufenbrunnen heißen so, weil man hier über Stufen bis zur Wasseroberfläche hinabsteigen kann. Sie sind tief genug, um das Wasser aus den heftigen Regenfällen des Monsuns zu sammeln und lange, auch in der Trockenzeit, vorzuhalten. In der Tiefe sind sie schattig und kühl. In der Hitze Indiens wurden Stufenbrunnen daher auch schnell zu Orten, die einen angenehm Aufenhalt bieten. Menschen dekorieren die Orte, an denen sie sich oft aufhalten, da braucht Ihr Euch nur Eure Wohnung anschauen. Im Stufenbrunnen von Adalaj ist diese Dekoration in Form von prächtigen Reliefs umgesetzt worden.

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Der Brunnen ist übrigens auch ein beliebtes Ausflugsziel für Inder. Und die ließen sich netterweise bereitwillig porträtieren.

Mehr bei wikipedia über Stufenbrunnen und im speziellen über den Stufenbrunnen von Adalaj

Kochen auf Gujarati

Wir sind in der Familie unseres Agenturvertreters eingeladen, einmal zu sehen, wie man in Gujarat kocht. Er wohnt mit seiner Familie – Frau (von Beruf Buchhalterin) und kleiner zweieinhalbjähriger Tochter, die gerade in der Playschool ist – in einem Wohnhochhaus in Neu-Ahmedabad. Der Flur ist unverputzt und schlicht, die Wohnung hat drei Zimmer und nur wenig Möbel. Die Küche ist winzig, ungefähr so wie meine eigene, aber es passen doch acht Personen hinein und ein paar Kinder, die zwischen den Beinen der Erwachsenen an der Tür durchschauen. Dann wird gekocht.

Die Zutaten sind schon alle vorbereitet oder werden kurzfristig aus den Regalen an der Küchenwand herausgeholt, eine Wand silberner unbeschrifteter Dosen. Die Hausfrau weiß, wo alles ist. Sie hat Hilfe von ihrer Cousine. Und so wird binnen einer Stunde unter unseren Augen eine vollständige mehrgängige Mahlzeit zubereitet, jeder Arbeitsschritt wird uns gezeigt und wir dürfen schnuppern und schmecken und merken kaum, wie warm es mittlerweile geworden ist, angeheizt durch Gasherd und die gefüllte Küche. Und haben viel Spaß und lachen viel gemeinsam.

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Es gibt Dal (Linsen), Chapati, ein Gericht mit Tomaten und eine Mehlspeise mit Butter als Nachtisch, und diverse Dips. Einzelheiten werde ich hoffentlich am Ende der Reise nachliefern können, wenn wir nochmal für eine Nacht in Ahmedabad sind und die Rezepte bekommen sollen. Zum Mitschreiben war ich nämlich viel zu beschäftigt. Mal schauen, vielleicht versuche ich mich selber mal daran :-)

Fast sind wir schon am gehen, als die kleine Tochter der Familie aus der Playschool kommt, ein winziges schmales Persönchen, schmal wie ihre Mutter. Mit einem riesigen Tournister auf dem Rücken schaut sie aus großen Augen staunend auf die Menge von Menschen in der Wohnung und flüchtet sich schüchtern in die Arme ihrer Mama.
So viele Leute, die anders aussehen, als sie es gewohnt ist.

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Ahmedabad

Der Transfer vom Flugzeug zum Terminal bei der Ankunft in Dubai dauerte eine geschlagene Viertelstunde (sag noch einmal einer FRA wäre groß). Der Flug von Dubai nach Ahmedabad dagegen war nur kurz und schon gegen acht waren wir auf indischem Boden, auf dem Rollfeld von Ahmedabad, der größten Stadt des indischen Bundesstaates Gujarat.

Vor dem Tor werden wir von unserem Fahrer Nepal und einem Vertreter der indischen Agentur erwartet.  Das Flugzeug unseres Reiseleiters hat etwas Verspätung, aber als wir am nationalen Terminal ankommen hat auch er es geschafft, anzukommen. Er heißt Ravi und ich schätze ihn auf ca. 25 Jahre.

Auf geht es, in die Stadt hinein. Gleich hinter der Flughafenausfahrt eine Herde heiliger Kühe, wie um sämtliche Klischees zu bestätigen. Und vor dem Hotel empfängt mich auch schon die erwartete Kakophonie der Huptöne. Eine Welle gelbgrüner TucTucs brandet unaufhörlich durch die Straßen, nur gelegentlich durchbrochen von einem ausscherenden Motorradfahrer. Es riecht nach Zweitaktern.

Heute bekomme ich meinen ersten hinduistischen Tempel von nahem zu sehen. Den Swami Narajan Tempel. Was für eine Farbenpracht in Pastell. Die Figuren auf den Säulen sind bunt bemalt. Und indische Götter haben nicht nur menschliche Hautfarbe. Shiva zum Beispiel ist blau.
Auch wenn Ravi bestreitet, daß es eine strikte Trennung zwischen Frauen und Männern gibt: Vorne vor dem abgetrennten Bereich des Heiligtums stehen nur Männer. Und hinten unter dem offenen Tempeldach knien die Frauen. Aber in ihr Gebet vertieft sind offensichtlich alle.

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Die Steine unter unseren Füssen werden immer heißer. In der Sedhi Said Moschee muss man sich schnell von Schattenfleck zu Schattenfleck bewegen, mit den bloßen oder bestrumpften Füssen. Diese Freitagsmoschee ist eine sehr indisch wirkenden Moschee, deren Säulendach sich nach außen öffnet. Wenn wirklich viele Gläubige zugegen sind, können sie den ganzen Hof füllen und da passen ein paar tausend Leute hinein.
Als wir dort sind, betet dort aber niemand. Nur eine Familie mit Kindern sitzt unter den Bogengängen.

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Über der Altstadt von Ahmedabad kreisen Adler. Behauptet zumindest unser Reiseleiter steif und fest. Ich kann das fast nicht glauben. Aber für Falken sind diese Raubvögel doch etwas groß. Da oben in der Luft haben sie Platz, hier unten dagegen drängen wir uns durch die fahrenden TucTuc-Schlangen und zwischen Straßenständen und Geschäften durch. Obst,  Gemüse, Blumengirlanden, Flitter für das Navratri-Fest zur Ehren der Kriegsgöttin Durga, das derzeit gefeiert wird. Häuser mit durchbrochenen Holzfassaden und ein Müller, der sein Mehl in einem offenen Laden an der Straße mahlt.

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Auf dem Weg zum Mittagessen nehmen wir ein TucTuc und erleben den Verkehr nun wirklich hautnah. Bis auf wenige Zentimeter wird auf den Vordermann aufgefahren, egal ob Auto, ein anderes TucTuc, Motorradfahrer, Radfahrer oder Fußgänger. In elegantem Bogen schrammt man so gerade noch an seinem Nachbarn vorbei. Einen Anschnallgurt hat niemand.
Aber irgendwie geht alles immer gut.

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Dann versuchen wir uns am Calicio-Museum. Vor dem Auto am Parkplatz sitzt ein junges Ehepaar (das sie verheiratet sind, sind man am roten Scheitel der jungen Frau) und kocht. Die beiden haben dort offensichtlich ihre Wohnung. Sie fegt sorgfältig den Bürgersteig, an einem Baum gelehnt haben sie einen kleinen blumengeschmückten Alter aufgebaut Im Vorbeigehen lächelt sie uns zu.
Arm, das ja, aber elend, ich glaube nicht.

Im Calico-Museum haben wir unsere erste Begegnung mit der indischen Bürokratie. Man muss sich nämlich zu Beginn erst mal mit voller Adresse in das Museumsbuch eintragen und bis das alle 20 getan haben dauert es etwas. Das Calico-Museum hat sehr schöne Wandbehänge, aber um sie verstehen zu können, um zu wissen, worum es darauf geht, muss man die Geschichte(n) des Hinduismus kennen und die kenne ich bisher nur rudimentär. Selber durch die Räume gehen darf man nicht. Wir entschließen uns, abzubrechen. Und müssen dem Mann am Ausgang dann auch noch eine schriftliche Begründung liefern.

Letztes Ziel des Tages ist der Sabarmati-Ashram. Hier hat Gandhi mit seinen Gefolgsleuten in den dreißiger Jahren gewohnt. Von dort startete er seinen Salzmarsch. Heute ist dort eine Ausstellung über sein Leben und seine Weggefährten. Vieles erinnert an den Gandhi-Film damals Ende der 80er, der mich damals sehr bewegt und auch geprägt hat.
In einem Teil des Ashrams werden heute Kinder spielerisch in die Lehren Gandhis eingeführt. Gandhis Lehre soll nicht verloren gehen. Inwiefern sie heute noch Indien prägt, vielleicht werde ich auf meiner Reise mehr erfahren.
Gandhi-Statue im Sabarmati-Ashram im Ahmedabad

Fliegende Gedanken

Links von mir kämpft Jack Sparrow gerade in der Dunkelheit. Genauso dunkel ist der Kühlschrank, in den Till mit seiner Emma gerade hineinschaut. Kein Kokowääh. Und seltsam: Warum ist dort der Kühlschrank dunkel?
Das Land unter mir ist schon lange verschwunden, die Kamera unterm Flugzeug sendet nur noch Wolken. Auf dem Bildschirm eines Nachbarn blinkt ein kleines Flugzeug nordwestlich von Sofia. Dann wandeln sich die Buchstaben in elegante arabisch geschwungene Bögen.
Über uns am Kabinendach leuchten Sterne und ich kann nicht schlafen. Ist Euch schon mal aufgefallen, dass es im Flugzeug nicht Nacht wird, sondern das man nur in die Nacht fliegt?

Die Stewardess ist strohblond und hat einen aus einem dicken Zopf geflochtenen Dutt. Ich würde sie eher in einen russischen Trachtenverein stecken, aber sie hat kohlgeschminkte Augen.

Wir fliegen nach Südosten, mit Emirates nach Dubai während ich John Rebus durch die Untiefen von Edinburgh folge.

Was dafür spricht, das ich auf Indien noch nicht so ganz eingestimmt bin. Kaum Luft dafür zwischen Arbeit und Packen.

Ich denke, ich hoffe, ich bin mir sicher, das wird sich ändern, sobald ich dort bin. Nach allem was ich über dieses so fremde Land gehört habe.