Dius Farben

Ravi und Nepal schieben eine Extra-Schicht ein. Nepal fährt uns am späten Nachmittag zu unserer ersten Begegnung mit Diu City.

Im Licht des frühen Abends ist das erste was mir ins Auge fällt, die Farben der Werbung an den Wänden. Eigentlich nichts besonderes, gelb auf weiß, ein bisschen rot, aber verwittert. Das Verwitterte aber Farbenfrohe, das macht für mich an diesem Abend das Stadtbild von Diu zu einem besonderen Erlebnis. War jemand von Euch in Kuba? Ich noch nicht, aber es könnte dort so ähnlich aussehen, wenn auch hier in Diu eher hellere Pastelltöne vorherrschen als in meinem Bildband. Viel Blau. Immer wieder umrahmt dieses Blau prachtvoll geschnitzte Hauseingänge. Die Leute lächeln mich an, weil sie merken, wie begeistert ich bin. Welch angenehme Abwechslung von den häufig graubraun tristen Häusern im bisherigen Gujarat, wo “nur” die Farben der Saris leuchten. Texturen, geometrische Formen, Stimmen hinter Fensterläden, Massen von rosa Fahrrädern in der Mädchenschule. Und alles sehr geruhsam.

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Die Sonne beleuchtet das Diu-Museum (die St. Thomas Church) im Gegenlicht. Diu als portugiesische Enklave hat gerade im Stadtzentrum noch einen großen Anteil katholischer Bevölkerung. Vielen Leuten sieht man ihre portugiesische Abstammung deutlich an. Die St. Thomas Church ist benannt nach dem Apostel Thomas. Das ist der Apostel, der damals erst dann an die Auferstehung glauben wollte, als er Jesus angefasst hat. Später ging Thomas nach Indien und gründete eine der ältesten christlichen Gemeinschaften der Welt. Als nach langer Zeit die ersten Europäer nach Indien kamen, waren sie verblüfft, hier Christen vorzufinden habe ich ‘mal gelesen,. Ich weiß nicht, ob es auch in Diu Thomaschristen gibt. Laut Wikipedia ist das Christentum mit 2,3% Bevölkerungsanteil die drittgrößte Religionsgemeinschaft in Indien. Es muss hier in Indien viele Thomaskirchen geben.

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Links der Straße, in Richtung Nagoa Beach, kurz hinter dem Stadtzentrum, reiht sich Essensstand an Essensstand. Was uns Abends im Strandrestaurant passiert ist, hätte sich dort glaube ich keiner geleistet: Einer der Kellner stellt sich ans Geländer und erleichtert sich. Eigentlich waren wir kurz davor, Essen zu bestellen. Wir verlassen kurzfristig das Strandrestaurant.Tja, Appetit weg, Gäste weg. 
Unser Hotelrestaurant in dem wir Zuflucht suchen und, vor dem der Reiseführer so gewarnt hatte, entpuppte sich dagegen als positive Überraschung bezüglich des indischen Essens, wenn auch in europäischem Ambiente.

Ein Beach Resort

Nun ja, mit sauberen Toiletten und ohne das man beim Baden gleich ein Schauspiel für die Männer in den umliegenden Appartements bietet. Ich sag mal “ganz nett” aber eigentlich muss ich so etwas nicht haben.

Ich habe keine Lust auf einen Spaziergang in der Mittagshitze und schicke Elfi und Bärbel alleine auf die Suche nach dem Strand.

Wieder zurück an der Rezeption frage ich nach Internetzugang. Es gibt einen Subunternehmer in einem Kiosk vor der Tür, der anscheinend zwei Computer stehen hat. Die gerade in Wartung sind. Tja, es wird immer noch nichts mit dem Schreiben.

Ob auch hier die Saison erst gerade anfängt? Jede Menge Arbeiter an allen Ecken und Enden, die in der vollen Sonne am verputzen, streichen oder reparieren sind.

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Interessanter finde ich eigentlich die Alltags-Tierwelt vor dem Hoteltor, an die ich recht nahe herankommen kann.

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Somnath, Priester, Kastenwesen

Der Shiva-Tempel in Somnath ist wirklich beeindruckend. Aber er darf nicht fotografiert werden. Oben auf den Dachfirsten sehe ich Figuren, die aussehen, wie Wasserspeier, die aber kein Wasser speien. Die Säulen sind geschmückt mit Reliefs von Tänzerinnen. An der Rückseite des Tempels werden die Säulen gerade von Bambusgerüsten aus renoviert. Vom Eingang aus rechts gesehen werden Geschichten von Shiva bildlich dargestellt. Eine halbe Schule wird dort gerade entlang geführt. Hinter dem Tempel donnert der Ozean an die Ufer. Gewaltige Wellen, die hoch über die Felsen spritzen.

Ravi erzählt über Hindupriester.
Um Priester zu werden, muss man kein Brahmane (also aus der Priesterkaste) sein. Priester können Mitglieder aller Kasten werden. Einzige Ausnahme ist die Kaste der Unberührbaren. Elfi fragt, was wäre, wenn sich ein Unberührbarer in einer fremden Stadt als Mitglied einer anderen Kaste ausgibt und so Priester wird. Ravi meint, Priester würden immer nur in ihrer eigenen Stadt bleiben. Wir fragen, was ist in Städten wie Frankfurt (wo ja auch – das habe ich schon mitbekommen) in Kürze Diwali gefeiert wird. Eine richtige Antwort bekommen wir nicht.

Ravi selbst und Nepal gehört zur Kriegerkaste – auch die Sikhs werden von Hindus laut Ravi zur Kriegerkaste gezählt – allerdings ist entsprechend wikipedia der Sikhismus eine im 15. Jahrhundert entstandene monotheistische Religion.
Brahmanen – die Priesterkaste, die erste Kaste – tragen immer ein Band um die Schulter. Woraus ich dann messerscharf schloß, daß die Geschäftsleute hier in Diu am Swimming Pool alles Brahmanen sein müssen (?!).
Die dritte Kaste sind die Kaufleute. Ravi als Hindu zählt hierzu z.B. auch die Jain, wiederum eigentlich eine eigene Religionsgemeinschaft.
Unter der vierte Kaste vereinnahmt Ravi sowohl Unberührbare als auch Handwerker und Bauern. Ravi meint, sie würden ca. 40 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Aber eigentlich machen Sie die ganze Arbeit. 80% würde da mehr Sinn machen.

Ich schließe, dass die Zuordnung zu einer Kaste eher gesellschaftlich als religiös bedingt ist, aber ich könnte falsch liegen. Das unser junger Guide nicht ganz firm ist in den Kastenstrukturen in Indien, in denen er selber aufgewachsen ist, zumindest erzählt Wikipedia etwas anders. Und ich bin ein bisschen verwirrt.
Aber verwirrend und anders sind indische Gesellschaftsstrukturen sowieso.