Sasan Gir am Abend

Was für eine Begrüßung. Wir sind offensichtlich die ersten Besucher des Parks in dieser Saison und werden erwartet mit geeisten Tüchern und einem Blumenregen.

Direkt vor dem Camp ist der Fluss. Jetzt nach dem Monsun könnte es hier auch Krokodile geben, meinen zumindest die Leute am Empfang vom Camp.
Und viele Vögel.
Hinter uns, ein paar dutzend Meter den Fluss hinunter ist der Schlafbaum der Kuhreiher. Immer mehr fliegen heran. Der Baum ist vor weißen Punkten kaum noch zu erkennen.
Über uns fliegen die Libellen tief. Auf einmal zieht über uns ein riesiger Schwarm Schwalben.
Die Graureiher verstecken sich in der Dämmerung im hohen Riedgras.

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Über das europäische Essen im Camprestaurant schweige ich wohl besser. Da versuchte jemand, europäisch zu kochen.

Wie in Mandvi übernachten wir in Safarizelten mit angebautem Badezimmer und Klimaanlage. Diese Nacht ist die erste seit langem, in der die Temperaturen auf ein angenehmes Maß zurückgehen. Das erste Mal seit langem ziehe ich unter meinem Moskitonetz wieder das Laken bis über die Schulter.

Langeweile oder Mediation? Heilige Kühe!

Die Landschaft kann man langweilig finden. Man kann sie auch meditativ nennen. Meine Laune liegt derzeit irgendwo dazwischen. Baumwollfelder, Rizinusfelder, Maisfelder, dann wieder Baumwollfelder. Nichts los hier. Weit und breit.

Was machen Kinder wenn ihnen langweilig ist? Sie fangen an zu quengeln. Dafür sind wir aber ein bisschen zu erwachsen (meistens zumindest :-)). Also denken wir uns Fragen aus, mit denen wir unseren jungen Guide ein bisschen auf Trab halten. Ravi ist 24, selbst zum ersten Mal in Gujarat und lernt gerade fast so viel über indische Traditionen wie wir. Aber er kommt aus diesem Land – wenn auch aus Delhi – und er kann viel aus dem Leben in Indien erzählen.

Vor uns kreuzt einmal mehr eine Kuhherde die Straße.
Da liegt die Frage nahe: Warum ist eine Kuh in Indien heilig?
Das hat vier Gründe, denn die Kuh liefert vier wichtige Produkte.

Da wäre zuallererst die Milch. Milch kann man trinken. Aus Milch macht man Joghurt oder Lassi. Ghee – Butterfett – dient zum essen und Kochen, als Opfer im Tempel oder als Brennstoff für Öllampen.

Dann wäre da der Kuhmist. Mist getrocknet zu Fladen dient als Brennmaterial, aber auch zum Verputzen der Häuser.

Kuhurin wirkt antiseptisch, sagt Ravi. Z.B. bei Zahnschmerzen. Wer’s mag kann’s ja mal ausprobieren ;-)

Und als viertes ist da das Leder.

Außerdem fressen Kühe Abfälle (wir sehen viel Müll auf Indiens Straßen, aber nicht viel davon ist organisch, dafür sorgen die Kühe schon).

Jede Kuh hat einen Besitzer und wem sie gehört, erkennt man am Brandzeichen.
Nicht zuletzt ist Krishna – einer der beliebtesten Götter im Hindupantheon – bei Kuhhirten (und Unberührbaren!) aufgewachsen.

Kühe müssen übrigens nicht arbeiten, das müssen nur Ochsen. Männliche Kühe sind nämlich nicht heilig.

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Woher kommen eigentlich Erdnüsse?

Draußen in der prallen Sonne sitzt ein Mann vor einem Haufen aus Erdnüssen und Erde. Ravi fragt ihn, was er dort macht. Er sortiert unter Missachtung der Hitze die Erdnüsse nach Größe.

Kurz darauf kommt sein Bruder aus dem Haus heraus und schaut verwundert nach seinen neuen Gästen. Wir begrüßen uns und Ravi und Nepal erklären unser Interesse. Dann bekommen wir eine Hofführung. Die Erdnüsse hängen und liegen in den kleinen Häufchen, die wir gesehen haben: das sind Erdnussbüsche. Frisch vom Busch geerntet sind sie noch etwas feucht und man bekommt die Spelzen kaum runter, man isst sie einfach mit. Die Erdnussbüsche werden als ganzes geerntet und in eine Rüttelmaschine geschüttet, dann sortiert und in Säcken abgefüllt. 25 Säcke erntet der Bauer so von seinem Feld. Ravi meint, das indische Erdnüsse hauptsächlich in Indien selbst verkauft werden.

Nur alleine von Erdnüssen könnte eine Familie in Indien vermutlich nicht leben. Der Bauer hat auch ein kleines Feld mit Zwiebeln und ein größeres mit Baumwolle. An den Feldrändern wachsen Auberginen und Gurken. In einem kleinen Hain, in dem seine Frau mit den 5 Kindern sitzt (Elfi zählt und sie nickt etwas verzweifelt zum Bauern) wachsen Papaya, Limonen, Schuppenfrucht und (zwischen Juni und August) auch Mangos. Die Limonen so frisch vom Baum duften noch eine ganze Zeit lang sehr angenehm zitronig.

Als Ausgleich für die Zeit, die wir dem Kleinbauern weggenommen haben, geben wir 200 Rupien, die er eigentlich nicht will. Als wir nicht nachgeben, bekommen wir drei Frauen jede eine Rose geschenkt.

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von Baumwolle und Saris

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Nepal biegt in einen Hof ab, der von Säulengängen umringt ist. In der Mitte steht Wasser in einem hellblau bemalten Brunnen. Wir hören lautes Klappern und Surren: Elfi will eine Fabrik von innen sehen und ihr Wunsch wird ihr nun erfüllt.

In den Räumen auf der linken Seite stehen Webstühle. Junge Frauen – ich schätze ab ca. 16 Jahre, aber Inderinnen sind für mich schwer zu schätzen – sitzen an den Geräten mitten im Lärm und treten mit den Füssen nach den Pedalen. Die Schiffchen fliegen hin und her, dazwischen saust der Kamm immer wieder nach vorne, um das feine Garn zusammenzupressen. Die Mädels nutzen unseren Besuch zu einer kurzen Pause, pressen ihre Gesichter nebeneinander in den Fensterrahmen und rufen “Namaste” oder “Ram Ram” oder “Hello”.

Mittlerweile hat uns auch der Fabrikbesitzer entdeckt und lädt uns zu einer Führung ein. In den Räumen auf der oberen Etage werden die Webstühle vorbereitet und die Kettfäden aufgespannt. Zwei Mädchen sitzen vor und hinter einer Wand aus Fäden und ziehen Knoten. Über Spinnräder laufen Baumwollfäden. Ein Raum weiter sitzen Frauen vor Geräten auf dem Boden, mit deren Hilfe Garnrollen aufgerollt werden. Eine an sich leichte Arbeit, auch wenn die Position auf den Knien bestimmt nicht die bequemste ist. Wie flink diese Mädchen sind und wie fröhlich.
Sie arbeiten 8 Stunden am Tag. Ihre Pausen können sie selbst bestimmen, aber sie müssen ein bestimmtes Pensum leisten. Sagt der Fabrikbesitzer.

Nach dem üblichen Gang durch den Werkverkauf (diesmal war Ravi shoppen. Männer im Kaufrausch :-) Nepal hat ihn beraten), fuhren wir ein Stückchen weiter zu einer Sarifabrik. Hier ist der Hof aus gestampfter Erde, nicht aus Beton. Die Arbeiter sind Männer. Unter dem Dach der Fabrikhalle wehen Saribahnen. Unten drunter wird Farbe auf teildurchlässige Plastikvorlagen geschüttet. Diese werden dann auf die Saris gelegt und die Männer schieben die Farbe mit Hilfe eines Brettes hin und her und setzen die Vorlage dann wieder einen Meter weiter. So wird die Stoffbahn (Saris sind ca. 7 m lang) nach und nach eingefärbt.
Heute ist der Tag des Rots, aber auf dem Boden finden sich Farbtöpfe in verschiedensten Farben, teils pflanzlich, teils auch Chemiefarbe. Der Boden ist mit Farblachen bedeckt und wir müssen aufpassen, wo wir hintreten.
In einer Ecke des Fabrikraums, die tatsächlich frei von Farbe ist, werden die getrockneten Saris dann aufgehäuft und schließlich draußen in der Sonne ausgebreitet.
Nur in den Verkaufsräumen sind auch junge Frauen. Und haben auch diesmal bei Ravi Erfolg, der – auch wenn dies nur sein Vater erwartet – auch für Schwester und Mutter etwas mitbringt.

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Junagadh

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Junagadh hat ein prachtvolles altes Mausoleum, die gar nicht sooo alt ist, aber mit vielen verschiedenen Spitzen und Kugeln verziert. Und langsam schon wieder verfällt. Die Minarette stehe in einigem Abstand drum herum. Zuckerbäckerstil, könnte man sagen. Gegenüber das nicht so süße Leben: Das Gerichtsgebäude und nicht weit davon hinter viele Meter hohen Mauern das Gefängnis, in das hier keiner rein möchte, wir auch nicht.
Jemand schiebt Eisblöcke Richtung Stadttor. Und ein Junge geht schnellen Schrittes mit einer Ziege auf dem Arm vorbei.

Oben über Junagadh liegt ein Tiger quer auf der Straße. Ein Stofftiger :-). Teil des Forts von Uperkot ist eine riesige Freitagsmoschee, die langsam verfällt. Davor liegen Tücher über – ja was eigentlich, Gräber? Gleich um die Ecke führen zwei Stufenbrunnen in die Tiefe, einer davon in mehreren Etagen und ein anderer der einfach nur hinunter führt und von dem ich glaube, das er wesentlich älter ist, und für mich – auch wegen seiner Einfachheit – wesentlich eindrucksvoller.

Die Edikte von Ashoka sind 33 Inschriften, die man verstreut über Indien, Pakistan, Bangladesh und Nepal auf Säulen, Felsen und Höhlenwänden finden kann. Sie stammen aus dem 3. Jahrhundert vor Christus und sind der erste handfeste Nachweis des Buddhismus, der durch Kaiser Ashoka in diesen Regionen (und angeblich bis zum Mittelmeer, so erzählen es die Inschriften) gefördert und verbreitet wurden.
Und einer dieser Felsen findet sich auch in Junagadh.

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