Der Monacogletscher im Liefdefjord

Bis wir los kommen ist es halb Zwölf. Aber wir haben heute doppelt Glück: als wir drei Stunden später am Monacogletscher im Liefdefjord ankommen, liegt kein anders Schiff vor Ort.

Der Gletscher kommt immer näher und es kühlt deutlich ab. Als ich vom Umziehen aus dem Schiffsbauch komme ragt eine Eiswand über uns auf, die das Schiff schrumpfen lässt. Man hört es knacken.  Der Gletscher ist großenteils weiß bis (in den Löchern) tief blau. Aber an den Rändern ist er von schmutzig braunen Striemen durchzogen.

Vögel kreischen. Ein Schwarm Eismöwen fliegt vor einer Höhle immer wieder auf und ab. Habe ich da „ein Schwarm gesagt“, dass sind hunderte oder tausende von Vögeln. Wie ein Band ziehen sie sich weit in den Fjord hinein. Jelle erzählt, die Fische bekommen in Gletschernähe einen Osmoseschock und sind daher für die Eismöwen leicht zu fangen: sozusagen Buffet. Bei Rolf liest es sich etwas anders: Unterirdische Schmelzwasserströme bringen Nährstoffe und Plankton an die Oberfläche.
Ich bin fasziniert. Mit so etwas habe ich nicht gerechnet. One of those moments in time. Zumindest für mich. Solch ein riesiger Schwarm.

Das Schiff zieht an den Möwen vorbei und gleitet weiter. Hinter der nächsten Ecke wartet ein noch viel größerer Schwarm auf uns . 
Ich bin hin und weg und habe fast Tränen in den Augen. So etwas schönes.

Wir verabschieden uns vom Fjord mit einer Runde um den bisher einzigen großen Eisberg den wir auf dieser Reise gesehen haben. In Dunkelhimmelhellbau.

Und mit einem Blick in die großen freundlichen Augen einer Bartrobbe, die da mitten auf einer Eisscholle liegt, eingerollt in ihren Pelz wie eine Wurst.

Hinter uns, wir sind schon ein gutes Stück weg, bricht ein großes Stück vom Gletscher ab.

Und zum Schluß eine Tsunami
Und zum Schluß eine Tsunami

Dramatische Begegnung

Eigentlich wollten wir ja während des Frühstücks weg um früh vor anderen Schiffen im Liefdefjord zu sein.

Eigentlich.

Erst wehrt sich der Anker heftig und dann, kaum dass wir losfahren, ruft Jelle "Eisbär!".

Und tatsächlich, dort ruht eine Bärin mit ihrem vielleicht ein Jahr alten Jungen. Zu niedlich! Das Kleine liegt mit der Schnauze auf Mamas Rücken, klammert sich an ihrer Hinterbeine. Schließlich legen sich beide nebeneinander hin und dösen. Nur Mama hebt schon ‚mal den Kopf.

Da ruft Jelle schon wieder "Bär!".

Vielleicht 500 Meter rechts tappert ein einzelner Bär über den Strand. Wir fragen uns, was jetzt passiert. Denn Bärenmänner – und wir vermuten, dies ist einer – sind berüchtigt dafür, Bärennachwuchs zu töten um die Mutter wieder paarungsbereit zu machen.

Aber erst einmal merken beide Parteien noch nichts voneinander. Das Männchen läuft weiter den Strand entlang, steigt den Hügel hinauf und verschwindet.

Die Bärin streckt sich und macht es sich mit ihrem Nachwuchs gemütlich.

Jannes besteigt den höchsten Mast und schaut dem Männchen hinterher: der Bär schlägt einen Bogen.
Nach einer Viertelstunde taucht er tatsächlich wieder auf, diesmal oberhalb von Mutter und Kind. Die beiden erwachsene Tiere sehen sich, blicken sich an, aber die Mutter bleibt mit ihrem Kleinen liegen . Vielleicht ist es ein altes Junges von ihr? Oder der Papa vom Kleinen? Wohl nichts Bedrohliches.

Da hören wir von oben, dass der Bär erneut einen großen Bogen schlägt. Er taucht an der Landspitze wieder auf und geht geht direkt auf die Kleinfamilie zu. Auf einmal, für mich unvermittelt, springt die Mutter auf, stupst ihr Kind an und beide rennen los, weg vom Männchen den Hügel hinauf. Die beiden stoppen kurz und schauen und rennen, schließlich trotten weiter bis sie hinter der Kuppe verschwinden.
Unter welchem Stress die Bärin steht, merke ich erst daheim, als ich die Photos genauer durchsehe. Die Bärin hat sich echt "in die Hose gemacht". Der Urinstrahl ist deutlich zu sehen. Oder ist das eine allzu menschliche Interpretation tierischen Verhaltens?

Das Männchen ignoriert die Beiden von da an souverän, klettert den Steilhang hinunter, schaut ins Wasser, klettert wieder hinauf und dann ist es weg.

Fünf Bären waren das bisher (andere kommen auf sechs, das kommt darauf an, wie man die Hinlopenstraße interpretiert). Und dann noch eine solch spannende Begegnung. Wir haben echt Glück!