Von Tirana nach Ohrid in Mazedonien

Der einzige Mensch im Frühstücksraum ist ein österreichischer Forstwissenschaftler, der für die Weltbank seit zehn Jahren Projekte betreut. Immer noch mit Begeisterung für Land und Leute, wie man an den gelegentlich leuchtenden Augen deutlich merkt. Nachdem wir ihm fast fünf Minuten stehend zugehört haben, fragen wir, ob wir uns zu ihm setzen können und fragen ihn aus über Land und Leute.
In Albanien wird der Waldbestand derzeit unter den ansässigen Bauern aufgeteilt. Sie lernen, den Wald nachhaltig zu bewirtschaften, das nicht zuviel entnommen werden darf, aber das auch nichts dagegen spricht, gelegentlich in Maßen Brennholz zu holen, das ein Ausdünnen manchmal auch zum Wachstum beitragen kann.
Auch Heilpflanzen sind ein Thema. Salbei und Holunder werden angebaut, ungespritzt und ungedüngt, und auch exportiert. Nach vielen Jahren abgeschlossen vom Rest der Welt gibt es immer noch viele Leute, die sich hier in Albanien mit den Heilkräften der Natur auskennen.
Im Süden sinkt die Zahl der Menschen auf dem Land, die Zahl der Schafe aber nicht. Überweidung und Verkarstung ist teilweise ein Problem.
Kredite werden in Albanien fast nur an Männer vergeben. Die Frauen sind immer noch sehr im Hintergrund der Familie. Aber der Familienzusammenhalt ist stark und eine Frage der Ehre und die meisten Männer scheinen ihre Familien zu stützen, nicht das Geld zu versaufen.
Aber die Arbeitslosigkeit ist hoch.

Um halb neun verlassen wir – großzügig den Skanderbeg-Platz umkreisend – Tirana und fahren durchs Land. Der Speckgürtel der Hauptstadt ist gekrönt von Wehrhäusern – burgartig wirkenden Wohnhäusern, teils scheint’s uralt, teils scheint’s nagelneu. Scheint wohl in Mode zu sein. Albaner wohnen tendenziell eher in Eigentum als eine Wohnung zu mieten… Natürlich haben die meisten Albaner keine Wehrburghäuser.
Je weiter wir von der Hauptstadt wegkommen, desto bergiger wird es – Serpentine folgt auf Serpentine. Auf den Feldern türmen sich Heuhaufen, gestützt von einem Holzstecken. Frauen und Männer arbeiten mit Hacken auf den Feldern. Alte Frauen bedecken ihr Haar mit weißen Tüchern.
Dann eine Strecke, auf der jedes Haus seinen eigenen kleinen Vingert hat mit zwanzig, dreißig Stöcken.
Rasthäuser mit großen Marktschirmen gibt es alle paar hundert Meter, dazwischen Obststände.

Der erste Pass liegt auf 800 m Höhe. Ein weißes Kreuz ragt kalt in den Himmel, befremdlich in diesem Land der friedlich koexistierenden Religionen. Dann geht es hinunter nach Elbasan. Knorrige Olivenbäume säumen die Hänge.

An fünf Obstständen halten wir, bekommen wunderbar süße und saftige Aprikosen und dekorativ geknüpfte Kirschen und ein Lächeln von den Marktfrauen.
Habt ihr schon mal Maulbeeren probiert. Süß, weiß, mit leichtem Biss und lecker.

Der Esel lässt sich von den Fotografen nicht stören und nur der Blick auf die alten Industrieanlagen von Elbasan unten im Tal stört ein bisschen die Harmonie – demoliert in den Unruhen der Neunziger, die mittlerweile glücklicherweise Geschichte sind.

Die Altstadt von Elbasan ist umringt von einer großenteils erhaltenen Stadtmauer. Die Gassen sind eng und verwinkelt mit buckligem Kopfsteinpflaster, die Häuser nur teilweise verputzt, ansonsten weiß gekalkt. Die Jugend geht händchenhaltend spazieren, trotz der frühen Stunde, ich frage mich, bis zu welchem Alter hier Schulpflicht besteht. Der Steineschlepper vor dem Stadttor scheint auf jeden Fall maximal 15 zu sein.

Das moderne Elbasan mit seiner glatten Straße wirkt danach irgendwie langweilig.

Kurz hinter Elbasan sehen wir den Ohrid-See und die erste halbmondförmige dunkelgraue Silhouette eines Bunkers. Bunker übersähen in manchen Gegenden die Landschaft, nicht nur hier, in Grenznähe zu Mazedonien. Enver Hoxha, letzter stalinistischer Herrscher im Land, lebte so seine Phobien aus und fast jeder Albaner musste einen Bunker bauen oder einen mit bauen. 700.000 davon gibt es und sind auch heute fast nicht kaputt zu kriegen. Und bekommen langsam eine andere Nutzung. Für Stelldicheins der Jugendlichen.

Und dann das Foto, das für mich Albanien symbolisiert, an der Grenze zwischen Gestern und Heute, wie es aber nicht mehr lange sein wird.

Entlang eines Flusses, der um diese Jahreszeit großenteils trocken liegt, geht es weiter, hinauf in die Berge.
Uups, was macht der Bus? Nicht stehen bleiben!!

Mit größter Mühe quält sich der alte Mercedes hinauf auf 1200 m und ist kurz davor heiß zu laufen. So gerade schaffen wir es über die (unspektakuläre) Grenze nach Mazedonien und bis nach Ohrid.

Woran man merkt, das man in Mazedonien ist? Zuerst wohl durch die Straßenschilder in kyrillischer Schrift. Und alles sieht ein bisschen aufgeräumter aus. Ohrid – benannt nach dem gleichnamigen See (oder ist es umgekehrt) – ist eine Touristenstadt mit einer langen Fußgängerzone und vielen Restaurants. Tito hatte hier in der Nähe eine Villa und die Spezialität der Gegend sind endemische Forellen (also Forellen, die es nur in diesem See gibt.)

Fisch mag ich ja so gut wie gar nicht. Daher esse ich Abends zuerst einen scharfen Schafskäse mit Knobi und rotem Pfeffer und dann Schweinefleisch mit Champignons und Schafsfrischkäse. Beides köstlich.
Wenn das so weitergeht mit dem Essen, sehe ich schwarz für nach dem Urlaub.

Abends vor dem Zimmerfenster im Hotel hören wir den Motor unseres Busses aufheulen. Ich hoffe mal, das Teil wird morgen wieder fit gemacht, so dass wir übermorgen ohne Panne zurück nach Albanien kehren können.

2 Gedanken zu „Von Tirana nach Ohrid in Mazedonien“

  1. moin gabi,
    das du den Fisch nicht versucht hast war ein Fehler. Ich bin auch kein Fischfreund, aber diese Forelle ist echt lecker, kann man nur empfehlen.
    Wärst du eine Woche früher da gewesen hättest du die Stadt außer Rand und Band erlebt, da war Abi Abschlußparty und die Mazzedonen können Prima feiern, wir jedenfalls konnten nicht richtig schlafen :-)
    Gruß Klaus

  2. Boah das mit dem feiern da muss ich ihnen recht geben wir mazedoner sind fürs feiern erschaffen…;D
    ich liebe dieses land, nicht nur weil ich selbst aus da komme ich lebe ja hier und könnte genau so sagen ich liebe deutschland mehr (ich will nicht beleidigen), sondern weil das land an sich sehr friedlich, ruhig, und garnicht hektisch ist wie es hier ist….naja ich sollte lieber mal aufhören sinst gebe ich hier einen roman als COMMENT ab hehe viele grüße Anessa:D:D

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